Wenn bei einem Menschen das Herz einmal hart geworden ist, dann ist es aus. Was er auch sonst Gutes hat, man kann nicht mehr auf ihn zählen.
Johann Heinrich Pestalozzi, christlicher Pädagoge (1746-1827)
Eine verheerende Pädagogik ?
Die Arbeit mit der Bibel, das Lehren und das Lernen soll – wie die Bibel selbst es deutlich sagt – zur Wertschätzung der Gerechtigkeit führen.
Zitat: „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nützlich zur Lehre, zur Beurteilung, zur Besserung und zur Erziehung in der Gerechtigkeit (δικαιοσύνη), damit ein Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem guten Werk geschickt.“ (2.Tim 3,16)
Man erlebt es leider gar nicht so selten, dass die Bemühung, eine „buchstabenhörige“ Gemeinde über einen fairen Umgang mit Schadensmeldungen zu informieren, auf Desinteresse, ja Widerstand stößt.
Dennoch halten es auch solche Gemeinden für ihre Aufgabe, den Mann auf der Straße zur „Bekehrung“, zur „Umkehr“ aufzurufen. Das wirft die Frage auf: was wird dort mit der Seele der Menschen gemacht? Was für eine seltsame Art von „Charakterbildung“ findet dort statt?
Auch in solchen Gemeinden arbeiten ja bekanntermaßen viele treue und liebenswerte Christen gutgläubig mit. Wir wünschen uns, dass sie es bemerken können, wenn ihre Persönlichkeit in einer scheinbar christlichen und verdrehten Weise geprägt und ihre Widerstandskraft gegen giftige Theologie geschwächt wird.
Insbesondere den jungen, leicht lenkbaren Menschen in der Gemeinde wünschen wir, dass sie ein Gespür für diese Gefahr entwickeln und sich gegen unredliche Manipulationen rechtzeitig wehren können.
Um zu sehen, wohin die Entwicklung gehen kann, beschreiben wir ein Extrembeispiel einer negativen charakterlichen Entwicklung eines Gläubigen.
(Dabei sollte ein vergleichender Blick auf die Persönlichkeit eines im Glauben gereiften Gläubigen nicht fehlen… )
Ein Zerrbild des vermeintlich „bibeltreuen“ Gläubigen
(leider nicht selten)
Eine Bibelstunde oder ein Gottesdienst hat für ihn nur eine Funktion: binnen 45 Minuten schöne religiöse Gefühle hervorzurufen. Die Stärke seines Glaubens beruht darauf, dass möglichst viele Leute um ihn herum dasselbe glauben. Er plappert immer nach, was die Mehrheit meint, um „dazu zu gehören“. Gläubige, die nicht alles nachplappern, hält er für hochmütige Wichtigtuer.
Überhaupt hat er eine grundsätzlich negative Einstellung gegenüber Menschen, die es wagen, die Ansichten seiner Gemeinde in Frage zu stellen. Ständig muss er sie mit Worten herabsetzen und verdammen, und es fällt ihm nicht ein, ihre Motive und Argumente einmal näher anzusehen. Gerade durch sein entschiedenes Desinteresse fühlt er sich als jemand bestätigt, der zu dem kleinen Häuflein der wahrhaft Gläubigen dazu gehört und auf einer höheren gottgefälligen Stufe steht. Diese Einstellung hilft auch die Selbstprüfung als Nebensache einzustufen und trägt somit erheblich zu positiver Selbsteinschätzung und Stressvermeidung bei.
Wenn jemand über die praktische Anwendung der Qualitätsmaßstäbe Christi bei der Interpretation von Bibelworten sprechen möchte, fühlt er sich emotional überanstrengt und hält er es für seine heilige Pflicht, das Denken sofort abzuschalten. Den Glaubensbrüdern und -schwestern, die daran erinnert haben, ist er ernstlich böse. Sie kommen für eine freundschaftliche Beziehung nicht mehr in Frage. Er redet nicht mehr mit ihnen, sondern nur noch über sie. Nur Gläubige, die wie er allergisch reagieren, wenn auf eine Verletzung dieser Maßstäbe hingewiesen wird, haben Anspruch auf seine Herzlichkeit.
Falls der Verdacht aufsteigt, dass ihm eine Halbwahrheit vermittelt wurde, geht er diesem Gedanken lieber nicht nach. Falls ihn eine tiefergehende Frage beunruhigt, wendet er sich an den Herrn Gemeindeleiter. Wenn ihm dieser versichert, dass alles in bester Ordnung sei, dann denkt er nicht mehr darüber nach, sondern wendet sich erleichtert anderen Dingen zu. Der Gemeindeleiter ist ja in besonderer Weise mit dem heiligen Geist ausgestattet und muss es schließlich wissen.
Weisheit und gründliches Nachdenken empfindet er von vornherein als störend, verdächtig und negativ. Nach seiner Meinung kann nur der Herr Gemeindeleiter damit richtig umgehen. Deswegen ist seine Theologie auch für die Gemeindemitglieder verbindlich. Um nicht durch Neues und Unbekanntes verunsichert zu werden, wünscht dieser Gläubige, dass ihm in der Bibelstunde möglichst dünne „Milchsuppe“ (1.Kor 3,2) serviert wird, d.h. etwas Bekanntes, was in erster Linie Emotionen erzeugt. Ein Häppchen Neues, eine Anekdote oder ein Scherz sollte aber auch dabei sein, damit es nicht allzu langweilig wird.
Wenn ein Mitchrist in der Gemeinde durch ungerechtes Verhalten eines Gläubigen geschädigt worden ist, so fühlt er sich aufgefordert, tröstende Bibelworte zu zitieren. Damit hat er nach seiner Ansicht mehr als genug geleistet. Die Bitte, den Betroffenen durch Teilnahme an einem Klärungsgespräch ( Mt 18, 16) zu unterstützen, weist er zurück. Auch darf man nicht auf seine Hilfe rechnen, wenn die Sache vor die Gemeinde zu bringen ist. (Mt 18,17) Er ist der Ansicht, dass der Betroffene sich mit seinen Worten des Mitgefühls zufriedenzugeben hat. Falls dieser sich nun auf die Anweisungen Jesu beruft, versucht er dem Geschädigten klarzumachen, dass er ein liebloser Störenfried und undankbarer „Schalksknecht“ ist, der die Bibel missbraucht und vermeidbaren Unfrieden in die Gemeinde hineinbringt. Diese Art Gläubiger hat es eilig Mitgefühl zu bekunden, da er sich selbst mit dieser Aktion beweisen will, dass er nicht ohne Mitgefühl ist. Tatsächlich aber ist ihm das Leid des Geschädigten gleichgültig.
Falls nun gar jemand von außen kommen und sich über das böse Verhalten eines Mitgliedes beschweren sollte, ist er sofort der Ansicht, es könne sich nur um einen Versuch handeln, „seine Gemeinde schlechtzumachen„. Es sei deshalb seine heilige Pflicht, sich ohne Prüfung solidarisch mit diesem Mitglied zu erklären. Gewissensbedenken kommen ihm dabei nicht.
Falls Hinweise kommen, dass sich ein Gemeindeleiter falsch verhält oder in einem bestimmten Bereich inkompetent ist, dann hält er sich die Ohren zu, weil er eine Korrektur für unzumutbar hält. Jegliche Korrektur – selbst im Falle offenbarer Korruption -wird von ihm grundsätzlich als „Vatermord“ empfunden. Glaubensgeschwister, die für böses Verhalten Beweise liefern, hält er für Schurken, den Gemeindeleiter aber in jedem Fall für das Opfer, da er nun einmal der „Gesalbte des Herrn“ ist. Er ist der Ansicht, dass man auch einem Gemeindeleiter, der böses Verhalten nicht korrigiert, die Aufgabe anvertrauen kann, die Gläubigen der Gemeinde in der Heiligung und Gottesfurcht weiterzubringen und dass die Austeilung des Heiligen Abendmahls sein selbstverständliches Recht ist, dass nicht bezweifelt werden darf.
Obwohl ein Gläubiger dieser Art tiefergehende Fragen eigentlich nie an sich heranlässt und das Denken bei allem, was ihn beunruhigt, sofort abschaltet, hält er sich nach einigen Jahren für einen theologischen Experten, für einen „alten Hasen“, dem man in Sachen Bibelkunde nichts vormachen kann.