Bewahre kindliches Vertrauen

.Der Buchstabe tötet“ warnt die Bibel (2.Kor 3,6). Doch wer glaubt es? (Dabei ist diese Tatsache gut bezeugt, siehe die „Notfall-Berichte„) Und es gibt Gläubige, die über die Bibel belehren wollen, aber selbst Kinder „mit dem Buchstaben“, d.h. mit giftiger Theologie malträtieren. Welche Hilfe gibt es dann für gutwillige Gläubige, die gerne an göttliche Inspiration in der Bibel glauben wollen, deren Gewissen aber dank eines buchstabenhörigen Bibelverständnisses zu einer ständig schmerzenden Wunde geworden ist?

Wie oft bleiben Betroffene mit ihrer Not allein! Man will es nicht hören! Jubelpropaganda ist gefragt. Woher sollen sie den Mut nehmen, ihr Leid zu thematisieren? Denn die buchstabenhörige Tradition erlaubt keinen Zweifel. Wer Bibelworte nicht verkraftet, steht in der Glaubensgemeinschaft all zu oft als Miesmacher des Glaubens, als Versager, als egoistischer Christ am Pranger.

DESHALB sind wir um einen Zugang zur Bibel bemüht, der kindliches Vertrauen in die Bibel fördert, aber ALLE Möglichkeiten der Entschärfung verunsichernder Aussagen auslotet.

DESHALB verzichten wir auf den üblichen Ausweg, die Bibel mit Hilfe der Bibelwissenschaft pauschal als allzumenschliche Fehlleistung zu diskreditieren, was jede konstruktive Spiritualität unmöglich machen würde.

Kindliches Vertrauen heißt, praktisches Vertrauen zu möglichst allen Bibelworten bewahren, aber auch entschiedener Widerstand gegen jede buchstabentreue Interpretation und Theologie, die mit der Würde eines Freundes Jesu unvereinbar ist, in enger Anbindung an Jesus, der der religiösen Bevormundung durch das etablierte Schriftgelehrtentum mit aller Schärfe entgegengetreten ist. (Mt 23)

Das kritische Nachdenken ist keine Medizin, die in beliebiger Menge bekömmlich ist. Es gibt aber manchmal ohne ein Minimum an innerer Distanzierung kein neues Vertrauen. Auch Verdrängung ist eine Methode innerer Distanzierung. Manche Gläubige können destruktive Texte der Bibel gut verdrängen, andere können es nicht und verzweifeln daran. Ein Patentrezept kann hier niemand bieten. Dazu sind die Botschaften, die biblische Texte ausstrahlen, zu inkonsistent.

Gott kann und will aus dem Bösesten etwas Gutes tun. Dieses Vertrauen darf uns bei allem Nachdenken nicht verloren gehen. Die Wiedergewinnung und Bewahrung des kindlichen Vertrauens ist und bleibt das Ziel.

Es gibt immer wieder Gläubige mit dem Wahn, Stellvertreter Gottes und als moralische Elite zum Richter über andere Menschen berufen zu sein. Sie stecken die Menschen in Schubladen und fördern unfreundliches Verhalten gegen jeden, der sich nicht in eine Schublade stecken und zur Anpassung zwingen lässt.

Gläubige, die ihren Glauben ernst nehmen, sollten allmählich erkennen, dass ehrliches und gründliches Nachdenken nicht an eine fromme Oberschicht abgegeben werden darf.

Die evangelikale Theologie hat z.B. sorgsam zu verschweigen gewusst, dass Martin Luther trotz eifrigstem Bemühen niemals Heilsgewissheit bekommen hätte, wenn er nicht die Inspiration des Hebräerbriefes in Frage gestellt hätte. Nur indem er sie als apokryphes Buch einordnete, konnte er die Angst, mit der Sünde den „point of no return“ überschritten zu haben, überwinden. (siehe unseren Beitrag „Ein altes Problem„). Hätte Luther den Hebräerbrief als Gottes irrtumsloses Wort anerkannt, hätte es nie eine Reformation gegeben.

Wer sich gut in der Bibel auskennt, der weiß, die biblische Information über die Heilsgewissheit ist inkonsistent und widersprüchlich. Sie wird nur dann eindeutig, wenn bestimmte destruktive Bibelstellen ausgeblendet, verdrängt, als irrelevant deklariert werden. Ob der Gläubige diese Bibelstellen ausblenden darf, darüber gibt es unter Christen bis heute keine Einigkeit, weshalb es ja auch die unterschiedlichsten Glaubensrichtungen von serviler Gottesangst bis hin zum Hyper-Gnadenwahn gibt. Wie kann man zu mehr Verlässlichkeit beitragen? Der vielversprechendste Weg war für uns, Bibelworte entsprechend dem wichtigsten Geboten „Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Verlässlichkeit“ (Mt 23,23) zu bewerten und zu gewichten. Diese Bewertung impliziert, dass Bibelworte unterschiedlichen Rang haben können und dass der gläubige Christ befugt ist, den Rang eines Bibelwortes gemäß Mt 23,23 festzustellen. Über diesem Weg kommen wir auch zur Feststellung, dass es offensichtlich Texte mit dem „Rang 0“ gibt, wie die Genozidbefehle z.B. Wir können also Lehrtexte und Übungstexte unterscheiden. Diese Ansatz ermöglicht dem Gläubigen die für den Seelenfrieden so dringend benötigte innere Distanzierung, die Paulus mit seiner Rede vom „tötenden Buchstaben„(2.Kor 3,6) auch gefordert hat und die viele Gläubige ohne große Bibelkenntnis ganz selbstverständlich vornehmen.

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