Hilflose Helfer

Hilflose Helfer

Wenn manche Gemeindeleiter unsere Bitte, die Gemeinde über giftige Theologie und unseren Lösungsweg auf der Grundlage von Mt 23,23 zu informieren, ablehnen, so werden stichhaltige Gründe nicht genannt, andernfalls die üblichen vorgeschobenen Gründe, wie z.B. dass „der Stil nicht zur Gemeinde passe“ oder „die Gemeinde nicht beunruhigt werden“ sollte.

Oder es wird behauptet, dass „man das Problem bereits im Griff habe.“ Nachweislich ist diese Behauptung gerade im schwerwiegensten Fall, der Angst vor der unvergebbaren Sünde (um die es auch im folgenden Briefwechsel geht) falsch. Doch warum dann die Ablehnung ? In evangelikalen Gemeinden ist die Darbietung längst bekannter Inhalte an der Tagesordnung.

Manchmal macht sich ein Pastor doch die Mühe, seine Position uns gegenüber mit Argumenten darzulegen. Wir haben einen Gedankenaustausch, der schriftlich (per email bzw. brieflich) stattfand, hier einmal wiedergegeben. Wie bei uns üblich: ohne Namen zu nennen.

Obwohl der Briefwechsel eine ganze Menge zu lesen gibt, haben wir ihn (mit einigen Kürzungen) abgedruckt – und zwar aus zwei Gründen:

1. wird hier deutlich, wie mühevoll die Arbeit unserer Arbeitsgruppe ist. Der ganze Aufwand wurde betrieben, nur um eine Erlaubnis vom Vorstand zu erhalten, unseren Flyer an die Mitglieder eines Gemeindekonvents auszuteilen.

2. kann dieser Text sehr gut zur Übung des Urteilsvermögens dienen. Wir überlassen es dem Leser, „zwischen den Zeilen zu lesen“, um die Frage zu klären:

Ist die Argumentation dieses bibelgläubigen Pastors überzeugend und widerspruchsfrei? Sind die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen für Prävention und Therapie effizient ? Kann sich die Gemeinde in dieser Frage guten Gewissens an ihm orientieren? Sollte man ihm tatsächlich einen Vorrang an Kompetenz zugestehen ?

oder

ist seine Argumentation schwach, nicht zu Ende gedacht ? Neigt er deshalb dazu, die Gefahr herunterzuspielen (blinder Fleck„) ?  Sollte er sich deshalb besser an den hier präsentierten Resultaten orientieren ?

1. Der erste Brief des Pastors   (Vorschlag einer einfachen Lösung in der Frage der unvergebbaren Sünde)
2. Die erste Antwort des Arbeitskreises  (Die vorgeschlagene Lösung ist mangelhaft)
3. Der zweite Brief des Pastors  (Euer fundamentalistischer Stil bewirkt wenig)
4. Die zweite Antwort des Arbeitskreises  (Wir argumentieren nur sachlich)
5. Ein Brief und eine Buchsendung für den Pastor  (Lies bitte einmal eine „Krankengeschichte“)
6. Der dritte Brief des Pastors (Auch mit der Absicht zu schützen kann man gefährden)
7. Die Antwort des Arbeitskreises auf den dritten Brief des Pastors (Nicht Information, sondern Ignoranz und Abschottung sind gefährlich!)
8. Der vierte Brief des Pastors (Auch ich lehne Bevormundung ab!)
9. Die Antwort des Arbeitskreises auf den vierten Brief des Pastors (Die Krankengeschichte bitte ernstnehmen…)
10. Der fünfte Brief des Pastors (Man sollte eher das Positive, Gesunde einüben statt auf krankmachende Fehler hinzuweisen!)
11. Die Antwort des Arbeitskreises auf den fünften Brief des Pastors (Eines schließt das andere nicht aus: es gibt auch scheinbar Gesundes, das krank machen kann…)
12. Ein Nachtrag des Arbeitskreises zur Antwort auf den fünften Brief des Pastors (Also sind wir doch wieder Brandstifter…)
13. Die letzte Antwort des Pastors (Mir ging es nur darum, den Flyer zu optimieren)

 

1. Der erste Brief des Pastors (Juli 2012)

(Vorschlag einer einfachen Lösung in der Frage der unvergebbaren Sünde)

Lieber [Bruder des Arbeitskreises „Prüfet alles…“],
Du hast mich im Gespräch dafür sensibilisiert, die einfache Anfrage zur Sünde gegen den heiligen Geist nicht in üblicher Weise zu beantworten, da dies die Fragen von der Schrift her nicht beantwortet. Beim Lesen der fortlaufenden Bibellese (Markus 3,20-30) heute, habe ich daher genauer hingesehen. Dazu meine Anmerkungen [zur]  Sünde gegen den Heiligen Geist:


Die traditionelle evangelikale Auslegung sagt: Die Angst von Christen, die Sünde gegen den heiligen Geist begangen zu haben, ist unbegründet. Solange sie mit Jesus leben und an ihn glauben, begehen sie diese Sünde nicht. Solche Sünde begeht nur der, der sich völlig verstockt von Jesus abwendet und ihn verlässt, obwohl er um die Wahrheit des Anspruches Jesu weiß.

Diese Auffassung ist nicht falsch, aber nicht direkt aus dem biblischen Text abgeleitet. [Dieser lautet:] „Einige der Schriftgelehrten aus Jerusalem behaupteten sogar: »Er hat sich dem Obersten Teufel verschrieben. Nur weil er vom Herrscher über alle Dämonen die Macht bekommen hat, kann er Dämonen austreiben.« Jesus aber rief die Leute zu sich und fragte sie: »Warum sollte denn Satan sich selbst vertreiben? Ein Staat wird untergehen, wenn in ihm verschiedene Herrscher um die Macht kämpfen. Eine Familie, die ständig in Zank und Streit lebt, bricht auseinander. Wenn der Satan also sich selbst bekämpfte, hätte er keine Macht mehr. Das wäre sein Untergang. Niemand kann in das Haus eines starken Mannes eindringen und ihn berauben. Erst wenn er gefesselt ist, kann man sein Haus plündern. Das eine will ich euch sagen: Jede Sünde und jede Gotteslästerung kann den Menschen vergeben werden. Wer aber den Heiligen Geist verlästert, der wird niemals Vergebung finden; seine Sünde lastet für immer auf ihm.« Das sagte er zu den Schriftgelehrten, weil sie behauptet hatten: »Er ist von einem bösen Geist besessen.« [Ende des Zitats]


Es wird deutlich betont, an wen und in welchem Kontext diese Aussage von Jesus gemacht wurde. Sie sind an die Schriftgelehrten gerichtet, nicht an die Jünger. Sie steht in der Tradition der prophetischen Gerichtsworte im Alten Testament. Trotz der eindeutigen Gerichtsworte hat Gott an seinen Verheißungen an das Volk Israel festgehalten. Die Kritik an Jesus wurde gerichtet, weil er die abgestempelten, die Kranken und Besessenen, die angeblich die Strafe Gottes für ihre Sünden trugen, nicht mied, sondern ihnen das Evangelium verkündigte und sie heilte. In diesem Kontext macht Jesus diese scharfe Aussage gegen die Schriftgelehrten. Damit sichert er die Botschaft der Gnade
als Geschenk Gottes. Sie ist unumstößlich.

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2. Die erste Antwort des Arbeitskreises an den Pastor

(Die vorgeschlagene Lösung ist mangelhaft)

Lieber [ Bruder …],
für viele Gläubige genügt diese Auslegung tatsächlich. Aber du machst dabei gewisse Grundannahmen, über die stark geängstete Christen nicht verfügen. Das sieht aber nur ein „Insider“ mit Angsterfahrung, der sich immer die Frage stellen musste: wie stark sind die Beweise tatsächlich ? Man kann ja schlecht damit leben, dass man mit 50% Wahrscheinlichkeit in der Hölle landet…

Zweifellos: die Warnung im zitierten Text ist an die Pharisäer gerichtet. Das führt zur Frage: Welche Beweiskraft hat der Kontext bzw. sind verlässliche Einschränkungen der Gültigkeit auf bestimmte Personen möglich? Gegenbeispiel: der Hebräerbrief und der Jakobusbrief sind beide an Judenchristen gerichtet. Dennoch wendet die christliche Gemeinde die Inhalte zum überwiegenden Teil auch auf sich an, auch sehr spezielle Dinge wie das Ältestengebet und die Salbung bei Krankheit. (Jak 5,14) Es ist nicht ausgeschlossen, dass man eine Warnung an eine Gruppe richten kann, die in besonderer Weise gefährdet ist (Pharisäer), ohne dass damit ausgeschlossen ist, dass andere auch in diese Gefahr geraten können. Diese Sicht wird sehr stark unterstützt durch den biblischen „Pauschalstil„, der ungenannte Ausnahmen zulässt.

Der Hebräerbrief betont inbesondere, dass Menschen, die „erleuchtet und des heiligen Geistes teilhaftig geworden sind“ wieder abfallen können (Hebr 6,4). Dies scheint dieselbe Gruppe zu sein die in Hebr 10,29 noch einmal angesprochen wird „wenn wir, die wir die Erkenntnis empfangen haben, mutwillig sündigen„. Hier wird in V.29 auch klar die Lästerung des h.G. erwähnt. Mit dem „Wir“ sind doch deutlich gläubige Christen gemeint – ganz klar. Und wieder gibt es – dank des Pauschalstils – keinen Beweis, dass ausschließlich Judenchristen angesprochen wären. Es wäre auch ganz ungerecht [quasi antisemitisch !], wenn nur Juden dieser gräßlichen Gefahr ausgesetzt wären und alle anderen nicht.

[Mehr ins Gewicht fällt die Tatsache, dass man nur damals die Göttlichkeit und den guten Charakter Jesus Christi ohne Einschränkung und Hindernis erkennen konnte. Heute ist das viel schwieriger, da Jesus nicht mehr als Mensch anzutreffen ist. Wer eine verzerrte Sicht von Jesus hat, der hat auch ein Zerrbild vom Heiligen Geist, und evt. Beschimpfungen gegen ein Zerrbild treffen nicht den wahren Gott, sodass man sie als vergebbare Sünde einordnen könnte.]

[Andernfalls] ist die Argumentation mit dem Kontext sehr wacklig. Vielmehr eröffnet sich hier das weite Feld der „mutwilligen Sünde„. (Hebr 10, 29) Wann hat man zu viel, zu schlimm, zu oft gesündigt? Damit wäre auch dein gutgemeinter Satz: „solange du mit Jesus lebst, bist du sicher“ wieder am Zerbröseln.

„Lebt man mit Jesus“ [wie du empfiehlst], wenn man sich fortgesetzt „Sünde“ leistet? „Alles was nicht aus dem Glauben geht, ist Sünde“ (Rö 14,23) „Wer etwas Gutes zu tun weiß und tuts nicht, dem ist es Sünde“ (Jak 4,17) Kann man sich damit beruhigen, dass es nur eine „kleine Sünde“ war? Wohl kaum: z.B. der begehrliche Blick wird – wie viele Christen dank theologischer Unterweisung glauben – mit der Hölle bedroht genauso wie Hurerei. (Mt 5,28 ff) [siehe aber: unsere entlastende Argumentation zu dieser Befürchtung]

Jemand, dem man mit zahllosen Kleinigkeiten ein dauerhaft schlechtes Gewissen gemacht hat, wird eher den Eindruck haben, dass er gewohnheitsmäßig sündigt, als dass er „mit Jesus“ lebt. Er wird befürchten, dass er zu den „Herr, Herr“ -Sagern gehört. (Mt 7), die sich einbilden, dass sie gerettet sind, aber am Ende vor verschlossenen Türen stehen. Und wenn er in diesem verzweifelten Zustand gegen Gott und alles Geistliche schimpft … was dann ? Hier können riesige und chronische Ängste aufsteigen…

Ein paar Gedankenstränge, die in diesen Zusammenhang gehören, will ich kurz skitzzieren:

Auf die Frage: Wie genau nimmt Gott die Sünde ? gibt es oft die Antwort: Orientiere dich an anderen Gläubigen. Gerade aber das geht nicht. Gott unterwirft die Gläubigen dem Gewissen (Rö 14,23), aber das Gewissen der Gläubigen ist unterschiedlich. Auch behandelt bzw. bestraft Gott die Menschen in der Bibel höchst unterschiedlich. […]

Ist der Opfertod Jesu ein Beweis für seine große Liebe konkret gegen MICH? Mich hat die Tatsache des Opfertodes Jesu in der Angst nicht trösten können, im Gegenteil: auch mit meinen kleinen Sünden schlug ich Jesus erneut ans Kreuz, gehörte zu denen, die ihn „wiederum kreuzigten“ (Hebr 6,6) usw. … Beweist ein Opfertod Liebe? Es gibt immer wieder Menschen, die freudig ihr Leben für eine Ideologie opfern. So habe ich das lange Zeit empfunden: Jesu Opfertod galt nicht mir, sondern seiner Idee, einigen Lieblingen den Zugang ins Himmelreich zu verschaffen, zu denen ich nicht gehörte, wohl aber z.B. König David, dem Gott – wie es scheint – fast alles durchgehen lässt.

David wird als „Mann nach dem Herzen Gottes“ (1.Kö 15,5) gelobt, obwohl er ein ans Morden gewöhnter Mensch war (zu seiner Einstellung gegenüber menschlichem Leben siehe 1.Sam 25,22+35) und obwohl er [nach einer von Blut triefenden Karriere (1.Chr 22,8!) ] noch auf dem Sterbebett (!) die Beseitigung   eines   Mannes   plante,   dem   er   öffentlich   Vergebung zugeschworen hatte (1.Kö 2,8-9) […]

Da die Bibel nicht alles explizit sagt, entsteht immer wieder einmal der [zu korrigierende ?]  Eindruck extremer (!) Günstlingswirtschaft, worunter der Gedanke der Fairness sehr stark leidet. Gibt es Liebe ohne Fairness?

Diese Stränge will ich nicht weiter ausführen: sie zeigen aber, wie leicht man sich immer weiter in [einem allzu sehr auf den Wortlaut fixierten] System ausweglos verheddern kann.

Wenn man das Problem befriedigend lösen will, muss man Zeugnisse der Betroffenen berücksichtigen, genau hinsehen. Man muss dem Betroffenen glaubwürdig zeigen, [was zum Christenleben notwendigerweise gehört, d.h. was die Bibel unter „Heiligung“ versteht, und zugleich muss man eine klare und stabile Unterscheidung zwischen „Heiligung“ und selbstquälerischer Werkgerechtigkeit schaffen.]

Ich halte es für wichtig, dass jeder Gläubige über das volle Ausmaß der Gefahr, über die Ansatzpunkte der Werkgerechtigkeit, aber gleichzeitig auch über Glaubensfreude und Authentizität informiert wird.

Es nützt nichts gegen etwas zu sein, wenn man selbst keinen Zugang zu einem überzeugenden Glauben gewinnt. Hat man diesen, so ist das der beste Schutz gegen weitere Verfälschung.

Erst nach der Widerlegung des religiösen Zwangssystems, um die ich mich jahrelang bemühte, konnte ich diesen Glauben zum erstenmal entdecken. Vorher verstand ich nichts davon, da der anerzogene Kinderglaube nahtlos in ein religiöses Zwangssystem überging.

Wir hoffen mit unserer Webseite diesen Suchprozess erheblich abzukürzen. Und wir hoffen auch darauf, dass unsere Mitchristen in der Ev. Allianz uns angesichts des großen und sinnlosen Leidens einzelner dabei unterstützen und nicht gleichgültig beiseite stehen.

Damit wäre auch für die Prävention das Optimum getan. Das wäre meine herzliche Bitte.

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3. Der zweite Brief des Pastors:

(Euer fundamentalistischer Stil bewirkt wenig)

Lieber [Bruder des Arbeitskreises „Prüfet alles…“],
herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort. Du machst sehr schön deutlich, wie der „Pauschalstil“ in der Auslegung zu einem Schriftverständnis führt, bei dem sich jeder gerade das heraussucht, was er vom Gefühl her für die richtige Auslegung hält. Wenn die Gefühle gerade von der Angst bestimmt werden, ist das natürlich sehr gefährlich. Es ist also zum Teil eine Frage der Hermeneutik.

Ich frage mich, ob man mit irgendwelchen Argumentationen dagegen ankommt, wenn eine historisch-biblische Auslegung, die die Stellen einerseits im Kontext sieht und einordnet und andererseits das Evangelium als Mitte der Schrift und Interpretationsschlüssel sieht, bei unseren fundamentalistischen Schwestern und Brüdern abgelehnt wird.[…]

Das Problem der Willkür in der Auslegung, die von intelligenten, besorgten und verängstigten Christen aufgedeckt wird, werden wir wohl immer haben, weil unsere menschliche Auslegung bei allen notwendigen Bemühungen immer Grenzen hat.

Ich sehe es daher als vordringliche Aufgabe, einerseits vor der eigenen Auslegung zu warnen.

Du machst ja deutlich, wie in einer Situation schwerer Angst, jede biblische Stelle und Auslegung in ihr Gegenteil verkehrt werden kann. Ich meine, dass es notwendig ist, die eigene Auslegung und Anwendung der Schrift permanent zu relativieren, sich aber andererseits immer wieder neu der Grundwahrheit zu stellen. Du weist mit den Qualitätsmaßstäben Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit darauf hin.


Ich denke, dass es ebenso wichtig ist z.B. Joh 3,16 als Kernaussage und Interpretationsschlüssel zu verwenden. Das wird Betroffenen in der akuten Angstsituation wahrscheinlich wenig helfen. Wenn jedoch vorher eine gesunde Lehre und Auslegung eingeübt wird, werden solche Angstsituationen dann vielleicht nicht mehr religiös überhöht und verfestigt.


Das es wichtig ist, hier zu helfen, sehe ich genauso wie Du. Ich denke allerdings, dass man mit Deiner Argumentationsweise nur einige Menschen abholen kann, für die dies auch wichtig ist, dass es aber insgesamt nicht gut ist, sich auf einen zu fundamentalistischen Auslegungsstil einzulassen.

Es ist wichtiger, das Fundament des Glauben, des festen Vertrauens auf die Liebe und Barmherzigkeit Gottes, zu stärken und darauf zu achten, in der Verkündigung nicht Angst zu machen.

Es bleibt natürlich die Spannung, dass wir die Wahrheit von Gut und Böse, Himmel und Hölle nicht verschweigen oder weginterpretieren dürfen, dass aber die Güte Gottes zur Umkehr und zum Glauben leiten soll, also nicht die Angst vor der Hölle.

Deshalb meine ich, dass es wichtig ist, dass wir die Güte Gottes und seine Hilfe zum Leben hier und seine Verheißung des ewigen Lebens in den Mittelpunkt
stellen sollten.

Wenn klar ist, dass dies die Wahrheit ist, bedeutet es gleichzeitig, dass die andere Auslegung der Schrift, die zu Angst und Verzweiflung führt, die Unwahrheit ist.


Luther, der große Neigung zur Depression hatte, sicher auch ein Grund, dass gerade er die reformatorische Erkenntnis zu vehement vertrat, begnügte sich damit, dass er nicht alles versteht; er gab zu, dass es verborgene Seiten Gottes gibt, die uns Angst machen können, aber die würden uns nichts angehen. Wir haben uns an die offenbarte Seite Gottes, an die Liebe Gottes in Jesus Christus zu halten. Das gilt es einzuüben.

In Situationen totaler Angst ist das wohl schwer möglich. Deshalb möchte ich jedem Menschen empfehlen es in gesunden Tagen zu tun, als Prophylaxe gegen Verzweiflung.


Ich möchte, dass jeder Christ weiß, dass das Kreuz das Pluszeichen über unserem Leben ist, an dass wir uns im Leben und im Sterben halten können. Manchen Menschen ist es eine Hilfe sich ganz buchstäblich daran festzuhalten und in Situationen der Verzweiflung das Kreuz fest in der Hand zu halten, um es zu spüren, es gilt mir.


(Bezweifeln kann man das natürlich immer, auch die beste Auslegung, Vorbeugung, Qualitätskriterien und Argumentation wird keine Beweise bringen und keine Sicherheit.) Es werden sicher viele unterschiedliche Wege und Ansätze nötig sein, um möglichst vielen Menschen zu helfen.

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4. Die zweite Antwort des Arbeitskreises an den Pastor

(Wir argumentieren nur sachlich)

Lieber [ Bruder …],
Ein „zu fundamentalistischer Auslegungsstil“ ist unsere Arbeitsweise NICHT. Wir nehmen die biblischen Worte grundsätzlich ernst als „Vertragstext“ schriftliche Grundlage des Bundes zwischen Gott und Mensch. (das genaue Hinschauen auf das, was dasteht, teilen wir mit den Fundamentalisten – das macht aber auch jeder Anwalt so, ohne fundamentalistisch zu sein. Du hast zu diesem Zweck Griechisch und Hebräisch gelernt, um Worte genauer zu erkennen – ist das ein Beweis für Fundamentalismus?). Worte eines Vertrages ernst nehmen, das ist nicht fundamentalistisch, sondern versteht sich von selbst. Wer das nicht tut, ist im allgemeinen naiv und leichtgläubig und gewöhnlich im täglichen Leben der Dumme.

Wenn Sorgen oder Ängste aufsteigen, weil Sätze eines Vertrages einen ungünstigen Sinn ergeben könnten dann kann man nur eines machen: näher untersuchen. Den Vertrag rundweg wegen erheblicher Mängel ablehnen ist einem Christen ja nicht möglich.

Typisch für Fundamentalismus sind Denkverbote. Er ist sehr schnell am Punkt angelangt: „ich habe zwar keine guten Argumente, aber ich habe trotzdem recht.“ So etwas tun wir nicht – wir werden uns hüten!

[… Wir ] argumentieren und reflektieren selbstkritisch den gewonnenen Zuwachs an Sicherheit. Dabei wird es unterschiedliche Grade der Widerspruchsfreiheit, d.h. der Überzeugungskraft in der Argumentation geben. Um schwerkranken Menschen zu helfen, ist die beste Argumentation anzustreben, die ein Maximum an Überzeugungskraft hat.

Was soll in diesem Zusammenhang der Satz nützen, dass es „keine absolute Sicherheit“ gibt? Sicherlich sind wir alle auch irgendwann tot – und dann hat sich das Problem von selbst erledigt. Nach dieser Logik braucht es auch keine Ärzte zu geben. Es ist eine typische „Killerphrase“.

Unbestreitbare Tatsache ist, dass gute Argumentation immer wieder einmal den Knoten platzen lässt und Gläubigen nach langem Leid wirklich Angstfreiheit verschafft. Siehe die Ausführungen zu unüberlegten Gelübden ! siehe die Ausführungen, ob sexuelle Wünsche genauso schwer wiegen wie Hurerei ! Siehe die Ausführungen zu übertriebener Wiedergutmachung! Das ist konkrete Hilfestellung, die schwer belastete Gewissen massiv erleichtert hat. Was habe ich schon für schädlichen Unsinn zu solchen Themen von diversen Predigern gehört! Andere löffeln es dann u.U. lebenslang aus.

Es ist deshalb gut, wenn man die Klärung solcher und anderer Gefahrenpunkte auf keinen Fall dem Zufall überlässt. Oder gar den offenen Austausch darüber verhindert – das wäre wirklich typisch fundamentalistisch!

Alle müssen sich informieren können. Das ist banal, aber wahr. Die Leute, die die Dinge leicht nehmen, werden unsere Texte erst gar nicht lesen. Und wenn sie etwas lesen sollten, ist das Üben des Urteilsvermögens an Vertragstexten nicht schädlich: es ist vielmehr nützlich Bibelworte unter die Qualitätsstandards Mt 23,23 einordnen zu können, es ist nützlich die vielfältigen Varianten der Werkgerechtigkeit zu kennen, es ist nützlich, die Wirkung der eigenen Bibelinterpretation auf den Charakter zu beobachten – wobei all diese Informationen zur Diskussion stehen und kommentiert werden können.

Wieso soll das schädlich sein, über die Bibel sachlich nachzudenken und seine Sicht selbstkritisch zu reflektieren? Diese Behauptung ist aus der Luft gegriffen und schlicht falsch. „Wohl dem, der über das Wort des Herrn nachsinnt bei Tag und in der Nacht!“ (Ps 1,1). Werden Kinder nicht auch in deiner Gemeinde zum Bibelstudium ermutigt?

Du „hältst es nicht für gut“, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, „weil es zu fundamentalistisch sei“? Deine subjektive Meinung in allen Ehren – aber im Auftrag und Namen Jesu hast du dabei nicht gesprochen.

Inwiefern du Joh 3,16 (damit alle die an ihn glauben, das ewige Leben haben) als Hilfe in diesen Nöten siehst, kann ich nicht nachvollziehen. Das ist doch nur eine Feststellung über die Reichweite (!) , die Jesus mit seinem Erlösungswerk angestrebt (!) hat und niemals als pauschales Versprechen gemeint, dass alle Menschen ungeachtet ihres Verhaltens in den Himmel kommen. [… Es ist doch klar, ] dass diese Stelle für das konkrete Einzelschicksal nichts aussagt – gar nichts!

Die Bibel lehrt vielerorts und ausdrücklich, dass sich die meisten auf dem breiten Weg in die Hölle befinden und dass es darüber hinaus auch unter den Gläubigen viele gibt, die am Ende vor verschlossener Tür stehen. Das verursacht ja die Not. Das konkrete Einzelschicksal hängt unauflöslich mit dem Verhalten des Menschen zusammen, und die Bewertung dieses Verhaltens hat mit Forderungen und Verboten des biblischen Vertragstextes zu tun. Damit diese Ordnungen von ihrer Qualität her angemessen eingeschätzt werden können, haben wir sie gültigen Qualitätsstandards in Mt 23,23 unterstellt (und unterstellen dürfen).

Ich kann nicht nachvollziehen, wie die stereotype Wiederholungen in 1000 Variationen des Satzes, dass „Gott jeden liebt“, vorbeugend wirken soll. Solche Predigten, die „die Güte Gottes und seine Hilfe zum Leben hier und seine Verheißung des ewigen Lebens in den Mittelpunkt stellen„, habe ich haufenweise gehört, jahrelang, – und die Angst ist über die Jahre immer größer geworden – weil man immer schön auf der Behauptungs- oder Werbungs-Ebene blieb und sich um die brisanten Stellen des Vertragstextes herummogelte. Warum lässt du mein Zeugnis nicht gelten? Man stellt sich den Fragen nicht ehrlich, verlangt aber, dass man trotzdem den wohlklingenden Beteuerungen glaubt.

Entsprechend sehe ich auch die Rituale, die du empfiehlst: ein Kreuzchen in der Hand halten, ermutigende Bibelworte immer wieder vor sich hinmurmeln und dergleichen mehr, als ob die Quantität es ausgleichen könnte, wenn es mit der Qualität nicht stimmt.

Soll das nun das Pfündlein der ärztlichen Kunst sein, ganz auf den Placebo-Effekt zu setzen? Hübsch gefärbte Wässerchen anzubieten? Manche bilden ja auch einen Kreis und stellen eine Kerze in die Mitte, und [… dergleichen mehr] Auch ich hab es einst in meiner Ratlosigkeit und Verzweiflung gemacht und mir ein Kreuz aus Blech umgehängt. Genützt hat es nichts. Und das ist auch in Ordnung: denn Paulus hat die Gläubigen ermahnt, dass sie „nicht kindisch, sondern erwachsen denken“ sollen (1.Kor 14,20).

Es sind nicht nur einzelne betroffen. Ich behaupte, dass es eine hohe Dunkelziffer von Gläubigen gibt, die gar nicht zum frohen Glauben finden, für die der Glaube stets etwas überwiegend Entmutigendes ist, die aber die Schuld bei sich selber vermuten und deshalb den Mund halten. Auch ich habe es jahrelang gemacht – bevor klinische Symptome auftraten – und gar nicht erkannt, dass ich ein Recht auf Klarheit und Wahrheit hatte.

Ich wünsche mir sehr, dass man jedermann in der Gemeinde dieses Grundrecht zugesteht und zumindest Gläubige, die helfen wollen, indem sie Destruktives entkräften und widerlegen, nicht behindert – so schwierig und mühsam diese Arbeit auch sein mag.

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5. Ein Brief und eine Buchsendung für den Pastor:

(Lies bitte einmal eine „Krankengeschichte“)

Daraufhin wurde dem Pastor das Buch „Gottesvergiftung“ von Tilman Moser zugesandt zusammen mit dem folgendem Brief des Arbeitskreises:

Lieber [Bruder…],
Deine Anregungen aus dem letzten Gespräch haben uns sehr geholfen. Der beiliegende Flyer ist – wie ich meine – im Vergleich zum vorigen sehr viel besser geworden. Wie du siehst, haben wir eine neue aussagekräftige Adresse angegeben: „stoppt religiösen Missbrauch!“. Man merkt eben, du hast viel Erfahrung, was die Angebots- oder Werbungsseite der kirchlichen Arbeit betrifft. Auch auf die Internetseite haben deine Anregungen guten Einfluss genommen, sodass einige Artikel, die man besser von der Werbungsseite her sehen kann, umgeschrieben wurden. In die Rubrik „Stichworte“ wurde eine kommentierte Sammlung von aussagestarken Verheißungen aufgenommen. Denn darin sind wir uns einig: der Glaube macht sich an den Verheißungen fest.

[…] Ich glaube, die überwiegende Mehrzahl von Gläubigen, deren Begabung sich auf die (weitaus erfreulichere) Werbungsseite konzentriert, würde ähnlich argumentieren wie du es getan hast. Was du schreibst, wird der Mehrzahl der Gläubigen in der Tat genügen.

Doch die wenigen Gefährdeten haben besonderen Schutz nötig und es darf nicht vom Zufall abhängen, ob sie ihn bekommen. Ich durfte jahrelang im Kreis herum quasi von Pontius zu Pilatus laufen immer von Seelenqualen gepeinigt – allein deshalb, weil Seelsorger sich damit begnügten, Verheißungen zu zitieren, und gar nicht erkannten, welche Denkblockaden aufzulösen waren, damit die Verheißung zugänglich war. Die Situation wird dadurch nicht besser, dass es keine Qualitätskontrolle für Seelsorge gibt.


Ich habe Dir Tilman Mosers Buch „Gottesvergiftung“ beigelegt. Oder kennst du es bereits? Die meisten der dort beschriebenen Nöte kenne ich selber sehr gut. Was er beschreibt, ist weder übertrieben noch aus der Luft gegriffen – sondern (abgesehen von der Identifizierung der Sündentheologie der Bibel als Schadensurache) sehr glaubwürdig. Viele Religionslehrer behandeln dieses Buch im Religionsunterricht in den Schulen. Auch Moser konnte mit einer unreflektierten Heilspropaganda, die sich mit allen tiefergehenden Fragen zu schwer tat, nichts anfangen. Die vielen evangelikalen Gemeinden, die gar ganz darauf setzen, dass die Gläubigen nicht genau nachlesen, müssen sich nicht wundern, wenn sie damit – ohne es zu wollen – ihren Beitrag zur allgemeinen Entchristlichung leisten.

Es ist gut, wenn Gläubige, besonders Jugendliche, die merken, dass sich in ihrem Denken etwas Religiös-Depressives zusammenbraut, das sie selbst noch nicht näher analysieren können, einen Anlaufpunkt kennen, der sie umfassend über typische Gefährdungspunkte unterrichtet und sich selbst unter den Vorbehalt jederzeit möglicher Kritik gestellt hat.

Vielen Dank jedenfalls nochmal für die Zeit, die Du Dir trotz Deines großen Arbeitspensums genommen hast, um Dich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

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6. Der dritte Brief des Pastors:

(Auch mit der Absicht zu schützen kann man gefährden)

Ermahnt euch untereinander und einer erbaue den andern. (1.Thess 5,11)

Lieber [Bruder des Arbeitskreises „Prüfet alles“ …]
ich habe Deinen neuen Flyer und das Buch, das Du mir gesandt hast, nun ständig auf dem Schreibtisch liegen und überlegte immer mal wieder, wie ich damit umgehe.

Das Buch von Tilman Moser habe ich – schon als es erschien und stark diskutiert wurde – nicht gelesen.

Obwohl ich verstehe, dass sich viele, die durch ein falsches Gottesbild, Theologie und Erziehung innerlich unter großen Druck und in Probleme geraten sind, sich in seinen Ausführungen wieder finden können, tut mir dieser Stil einfach nicht gut. Ich mag solche Auseinandersetzungen eher auf rein sachlicher und eher distanzierter Ebene, wo die Dinge sozusagen aus der Distanz betrachtet werden. Das geht natürlich für die meisten Betroffenen nicht, die mitten drin sind und diese Distanz nicht haben.

Zu Deinem Flyer und der Homepage. Der Flyer ist bei weitem nicht mehr so überladen. Das ist gut. Dennoch habe ich Probleme damit. Ich habe lange überlegt, woran es liegt. Ich meine, es ist der Stil der Warnung. Das Anliegen, Menschen vor der Gottesvergiftung und vor seelischem Missbrauch zu schützen, kommt in der Form der dringlichen Warnung. Der Inhalt mit der Aufforderung „Prüfet alles!“ und dem Hinweis auf Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit kann ich nur unterstützen. Aber es kommt bei mir gefühlsmäßig mit dem Flyer nicht an, da bin ich dann doch nicht so distanziert und reagiere emotional.

Die Form von Gemeindeleitung, Theologie und Verkündigung, die krank macht, ist ja häufig auch nur darum besorgt, Menschen zu schützen vor den Gefahren der Welt, bewirkt aber das Gegenteil. Ich habe einfach den Eindruck, dass es bei Dir zwar ein völlig anderer, total positiver Inhalt ist, dass aber der Stil des Flyers und der Homepage davon nicht geprägt ist.

Mein Anliegen wäre es, weniger zu warnen und mehr zu stärken, zu ermutigen und aufzubauen. Ich würde den Vers des neutestamentlichen Lehrtextes heute auch eher mit „Ermutigt euch untereinander“ übersetzen. Was ist Paraklese, Ermahnung oder Ermutigung?

Du schreibst: Der Buchstabe tötet! – Das gilt auch für bibeltreue Theologie. Ich benutze den Begriff nicht so gerne. Ich rede lieber davon, dass ich an Gott glaube und deshalb seinem Wort vertraue. Deshalb geht es mir um eine Kultur des Vertrauens. Vertrauen wird natürlich auch häufig missbraucht. Daher ist es wichtig, dass die Persönlichkeit gestärkt wird. Dazu ist Ermutigung und Erbauung wichtig.

Aber: Weder vor den Gefahren der Welt noch vor geistlichem Missbrauch können wir Menschen sicheren Schutz bieten. Wir können uns um Wahrheit, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Barmherzigkeit bemühen, wir können andere auf die Aussagen des Wortes Gottes hinweisen.

Wir sind Zeugen Jesu Christi. Mehr nicht. Deshalb bemühe ich mich, auf die Leitlinien der Schrift hinzuweisen, aber niemanden zu bedrängen; ich kann niemanden vor falschen Wegen schützen. Den Schutz bietet allein Gott.

Jeder Mensch ist aufgefordert selber Schritte des Glaubens und Vertrauens zu gehen, seine Entscheidungen zu treffen, selber zu prüfen. Dazu ist es wichtig, dass wir in den Familien und in den Gemeinden zur Entscheidungsfähigkeit erziehen.

Es geht also weniger um das Schützen (das ist auch wichtig, steht aber nicht im Mittelpunkt), als um das Stärken und Aufbauen, damit Kinder, Jugendliche und Erwachsene ihre eigenen Entscheidungen für den Glauben an Jesus Christus treffen können, damit sie selber prüfen können und beurteilen können.

Ein gebranntes Kind scheut das Feuer. Das ist normal. Für die Erziehung und Orientierung in Familie und Gemeinde ist es aber wichtig, dass dies nicht von der Angst vor dem Feuer oder anderen Gefahren geschieht, sondern vom Vertrauen auf die Liebe Gottes geprägt ist. Jede negative Orientierung birgt neue Gefahren in sich.

Natürlich gibt es sicher auch auf unserem Büchertisch Bücher mit Aussagen, die verunsichern und krank machen können. Ich kontrolliere das bewusst nicht, sondern vertraue den Mitarbeitern. Ich erlebe, dass Gemeindeglieder ganz unterschiedlich reagieren. Durch mich oder auch durch ehrenamtliche Mitarbeiter werden einige angezogen und angeregt und erleben dann von Gott die Befreiung und Hilfe die sie benötigen, durch die gleiche Art und die gleichen Sätze werden andere abgestoßen oder gar verängstigt.

Wir haben das nicht in der Hand. Jeder redet, schreibt, lebt von seinem eigenen Hintergrund her. Hier können wir nur uns selbst prüfen, Gott um Leitung bitten und die Maßstäbe, die Du aufführst, für uns selber akzeptieren und uns dadurch und durch andere Menschen korrigieren lassen. Ich mache zumindest immer wieder Fehler. Ich kann auch nur hoffen und beten, dass Dir diese Zeilen helfen und nicht das Gegenteil bewirken.

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7. Die Antwort des Arbeitskreises auf den dritten Brief des Pastors

(Nicht Information, sondern Ignoranz und Abschottung sind gefährlich!)

Lieber [Bruder …],
Danke für deine Antwort und Beurteilung.

Du schreibst, dass die „Theologie und Verkündigung, die krank macht, ja häufig auch nur darum besorgt sei, Menschen zu schützen vor den Gefahren der Welt, dabei aber das Gegenteil bewirke“ … und ziehst daraus – wie es scheint – , den Schluss, dass es schädlich sei, wenn ich direkt und unverblümt konkrete Gefahren anspreche und damit negative Stimmung erzeuge.

Hier lässt du etwas Wichtiges weg ! Nicht die Warnungen der engen „Bibeltreuen“ sind gefährlich, nicht ihr Wunsch Mitchristen zu schützen, sondern die Tatsache, dass ihre Warnungen nicht kritisch reflektiert werden dürfen, dass sie in solchen frommen Gruppen immer mit einem Klima verbunden sind, in dem Bevormundung und Rechthaberei herrscht.

Das ist doch das Problem: der freie Austausch von Informationen ist dank der emotionalen Empfindlichkeit einzelner (!) stark behindert. Dürfte jeder offen sagen, was er denkt und frei mit der Bibel argumentieren, so würden diese überzogenen Warnungen sehr schnell auf ein sinnvolles und nützliches Maß zurückgestutzt.

Die von uns angesprochenen Gefahrenquellen werden sich immer nur auf einzelne auswirken. Die dabei verursachten Schäden sind aber schwer, wie man an dem Bericht von Tilman Moser siehen kann, den ich in vielerlei Hinsicht mit eigenen Erfahrungen bestätigen kann, den du aber nicht lesen willst.

Du begründest das damit, dass dir sein Text „zu emotional und zu wenig sachlich ist„. Hier sträuben sich mir wirklich die Haare! Da kommt ein Verletzter zum Arzt und schreit vor Schmerz und der Arzt sagt ihm „Ich weigere mich, dich anzuhören, denn du bist mir zu emotional und zu wenig sachlich.“ Zweifellos ist Versachlichung unentbehrlich, doch die sachliche Analyse ist die Aufgabe des Arztes und nicht die des Verletzten. Die Informationen, die der Verletzte gibt – ob emotional oder nicht – sind in jedem Fall unentbehrlich, denn sie sind die einzige Informationsquelle.

Wie willst du heilende Gegenmaßnahmen treffen, wenn du dich mit einem Krankheitsbericht gar nicht erst befasst und demzufolge über die Details der Erkrankung kaum etwas weisst ?

Im letzten Brief hast du als Therapie vorgeschlagen, an Joh 3,16 zu erinnern, oder das Leid Christi zu visualisieren, indem man das Kreuzesholz anfasst. Wenn du den Bericht von Moser lesen würdest, dann würdest du verstehen, dass das untaugliche Maßnahmen sind. Gerade Visualisierungen haben sogar einen schädlichen (!) Effekt: „wenn man das tut am grünen Holze, was erst wird dem dürren Holz bevorstehen?“ (Luk 23,31) Die Bedrohung wird nicht kleiner, sondern größer (!) dadurch, wenn man sich selbst nur als dürres und verworfenes Holz sehen kann.

Um richtig zu diagnostizieren, muss man Krankheitsprozesse verstehen und zu diesem Zweck Krankheitsberichte sorgfältig studieren, ob sie nun emotional sind oder nicht.

Und wenn man auf Gefahrenquellen stößt, dann darf davor gewarnt werden. Je größer der mögliche Schaden, desto eindringlicher die Warnung! Und wenn eine Warnung eindringlich ist, dann wird sie auch gehört und beachtet. Warum ist das verkehrt ?

Die Warnung vor einem Geisterfahrer auf der Autobahn erschreckt auch ordentlich, wenn man zufällig auf derselben Autobahn fährt. Zweifellos ist man dann alarmiert – die Gefühle sind entsprechend einer großen Gefahr stark bewegt und das ist angemessen.

Zweifelt irgendjemand daran, dass diese Warnung ernstzunehmen ist, auch wenn nur einzelne – vielleicht nur ein einziger – vom Unheil tatsächlich betroffen sein wird ? Wer kommt auf die Idee, dergleichen Warnungen zu untersagen, bloß weil ihm der „eindringliche Stil“ der Warnung nicht zusagt. Je größer der mögliche Schaden, desto eindringlicher wird die Warnung ausfallen. Wir wollen warnen mit unser Homepage – zweifellos, und nicht unterhalten !

Die unter „giftiger Theologie“ aufgezählten Lehrsätze sind solche gefährlichen theologischen Geisterfahrten. Ich halte es für unbedingt wichtig, dass gerade junge Gläubige diese theologischen Fallen kennen, die den Anschein besonderer Frömmigkeit und Autorität haben. Wie sie sich dann entscheiden, ist ihre Sache. Insofern sehe ich nicht, dass ich jemanden „bedränge“. Wohl kaum einer der Geschwister, die jahrzehntelang dilettantische Theologie mit Depressionen auszubaden hatten, werden ein Problem damit haben, wenn in angemessener Schärfe vor diesen Gefahren gewarnt wird.

Dass du mit dieser Schärfe nichts anfangen kannst – als Nichtbetroffener und leider auch (was Schadensberichte von Tilman Moser und wohl auch noch anderen betrifft) als Nichtinteressierter, soll das wirklich für eine ganze Gemeinde maßgeblich sein?

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass du eine Warnung vor einer tatsächlich vorhandenen Gefahr als „negative Orientierung, die neue Gefahren in sich birgt „, ablehnst.

Nicht wir tragen eine negative Orientierung an die Menschen heran (wir werden uns hüten !), sondern die Bibel konfrontiert den Leser mit schrecklichen Warnungen, die an Eindringlichkeit nicht zu überbieten sind („Hölle“, „ewige Verdammnis“, „Heulen und Zähneknirschen“, „Feuersee“, „und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit“). Nach dem Credo der Evangelischen Allianz ist die Bibel Gottes „völlig zuverlässiges“ Wort. „Völlig“ heißt „ausnahmslos“. Dir sind als Pastor diese Bibelstellen und auch das Credo der Allianz sicherlich geläufig.

An diesem Credo hält die Evangelischen Allianz – wie es scheint – beharrlich fest, wenn auch  etliche Pastoren dieser Allianz im stillen Kämmerlein versichern, dass sie daran längst nicht mehr glauben. Was mag dann wohl der Grund für die offizielle Erklärung sein? Spielt das Credo deshalb noch eine Rolle, weil der Glauben an die „völlige Zuverlässigkeit“ von Mal 3,10 zuverlässige Spender garantiert ?

Wenn ihr, die Pastoren der Evangelischen Allianz, am Dogma der völligen Zuverlässigkeit offiziell (!) festhalten wollt (siehe: Bekenntnis Punkt 2), warum dürfen wir dann nicht im Rahmen dieses Dogmas in der Bibel selbst nach entlastender (!) Argumention suchen ?

Sieh einmal auf unserer Internetseite unter der Rubrik „Hölle“ nach. Dort findest du z.B. Überlegungen auf biblischer Basis, die die Höllenwarnung so beleuchten, dass Panik vermieden und ein produktiver Sinn erkennbar wird.

Das ist auch die Absicht, die uns bei der Diskussion aller Gefahrenpunkte der giftigen Theologie leitet. Schädliche Missverständnisse werden nachvollziehbar besprochen und mit möglichst stringenter Beweisführung widerlegt.

Insofern hab ich Mühe zu verstehen, dass ausgerechnet wir (!) Leute sein sollen, die andere sinnlos mit Negativem belästigen. Du siehst uns als Brandstifter, während wir die Feuerwehr sind. Das ist doch wirklich haarsträubend ! Es gibt eine reichhaltige Literatur, die die Gefährlichkeit der unter „giftiger Theologie“ aufgeführten Missverständnisse dokumentiert.

Wieviel Lebensberichte hast du denn aufzuweisen, die eindrucksvoll bestätigen, dass gerade unsere Aufklärungsarbeit die psychische Gesundheit und die Existenz von Gläubigen gefährden oder gar ruinieren wird? Dann beschreibe auch bitte den krankmachenden Wirkungsmechanismus im Detail, den du befürchtest – so wie wir es getan haben.

Und warum gibt es so umfangreiche Literatur zu theologisch verursachten Schäden ? Weil es soviel Gemeindeleiter gibt, die meinen, es sei alles in bester Ordnung, und man könne sich den Aufwand des Löschens sparen, während es bereits hier und dort lichterloh brennt !

Du schreibst: „Wir können niemand schützen. Den Schutz bietet allein Gott.“ Wir werden nicht Schicksal spielen können, das ist wahr. Wenn Gott bestimmt hat, dass der Geisterfahrer sein Opfer findet, dann geschieht es. Muss man daraus schließen, dass die eindringliche Warnung vor Geisterfahrern überflüssig ist ?

Ich nehme zur Kennntnis, dass du und andere, denen es relativ gut geht, gewisse emotionale Bedürfnisse haben und mit theologisch verursachter Not nicht ernsthaft konfrontiert werden wollt. Doch warum zählen eure Bedürfnisse und eure Emotionen mehr als die Not der Gläubigen, die mit einer biblisch fundierten Argumentation vor dem Gefängnis der Depression bewahrt werden könnten ?

Zur „Kultur des Vertrauens„, die du ansprichst, möchte ich sagen: Nichts zerstört das Vertrauen so sehr, als wenn ehrliche Zeugnisse über schädliche Nebenwirkungen unterdrückt und nur positive Zeugnisse zugelassen werden, so wie wir es von FDJ-Parteitagen in der ehmaligen DDR her kennen. Hat die „positive“ Atmosphäre auf diesen Parteitagen der Glaubwürdigkeit wirklich genützt ? Extreme Pfingstler haben es auf die Spitze getrieben mit ihren Heilungs-„Zeugnissen“. Wenn sich herausstellt, dass die Heilung Illusion war, wird die Gemeinde hinterher nicht informiert – es könnte ja dem Image schaden.

Wir aber wollen dieses einseitige, ausnahmslos positive „Zeugnis“ – Geben nicht ! Auch nicht in gemäßigter Form!

Nichts zerstört das Vertrauen so sehr, wie Bevormundung und Maulkorb-Regelungen und nichts baut es besser auf, als wenn jeder das sagen darf, was ihm aus der Bibel klar geworden ist, und wenn im Zusammentreffen unterschiedlicher Auffassungen es um die Bewertung von Argumenten geht, und nicht um Stimmungen, und emotionale Empfindlichkeit einzelner (!), die darüber entscheidet, was andere wissen dürfen.

Es geht uns erst einmal darum, die Mitglieder aller Konvente der Evangelischen Allianz in […] über Gefahrenquellen zu informieren. Mitglied eines Konvents kann man erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres werden. Warum bist du der Ansicht, dass Gläubige, die 18 oder älter sind, sich über unsere Texte kein vernünftiges Urteil bilden können ?

Gefahrenquellen „kontrollierst du bewusst nicht„, wie du schreibst, weil du „den Mitarbeitern vertraust.“  Dann solltest du auch uns vertrauen und uns als Mitarbeiter ansehen, die sich endlich einmal um die vergessenen Schwerstbeschädigten und um die besonders Gefährdeten kümmern.

Wenn irgendjemand sich durch unsere Warnungen gestresst sieht, hat er immer die Möglichkeit, gar nichts zu lesen, wie du es ja auch mit Mosers Text tust. Alternativen gibt es genug.

Jeder darf und muss er aber auch die Möglichkeit haben, uns inhaltlich (!) zu korrigieren oder zu ergänzen, indem er schlüssig auf der Basis der Bibel argumentiert. Wir haben inzwischen ja auch schon etliche hilfreiche Hinweise bekommen und uns entsprechend korrigiert.

Die Behauptung allerdings, dass man gegen diese schweren Gefahren ohnehin nichts tun könne und sich nur um die Gesunden oder wenig Verletzten kümmern müsse, die weisen wir zurück, denn Gottes Wort (Hes 34,2-4) und auch der gesunde Menschenverstand sagen das Gegenteil.

Die Gemeinde ist für manche ein Ort religiöser Unterhaltung, für andere etwas Ernsthafteres. Auf jeden Fall ist sie auch ein Krankenhaus. In einem Krankenhaus werden Menschen des öfteren geheilt, aber manchmal auch geschädigt. Wenn man Informationen über diese Schäden unter den Teppich kehrt, so handelt man fahrlässig und unseriös.

Ich bitte dich nicht in denselben Fehler zu verfallen, den die engen gesetzlichen Geschwister schon gemacht haben, nämlich aufgrund der emotionalen Bedürfnisse einiger weniger Personen den Informationsaustausch zu behindern.

Und deswegen bitte ich, zu erlauben, dass Mitglieder deiner Gemeinde selbständig über die von uns angesprochenen Gefahrenpunkte nachdenken dürfen und nicht über ihre Köpfe hinweg zu bestimmen, ob sie unseren Flyer lesen dürfen oder nicht.

Wenn es deine Emotionen stört, dann tröste dich mit der Erkenntnis, dass andere in ihren Emotionen weitaus tiefer und länger gestört leben müssen.

Du schreibst: „Jeder Mensch ist aufgefordert, selber Schritte des Glaubens und Vertrauens zu gehen, seine Entscheidungen zu treffen, selber zu prüfen.“ Wenn du das tatsächlich meinst, dann erlaube es ihm auch, unsere Webseite kennenzulernen, sie zu lesen, und seine Entscheidung selbst zu treffen.

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8. Der vierte Brief des Pastors:

(Auch ich lehne Bevormundung ab!)

Lieber Bruder [des Arbeitskreises …]

vielen Dank für Dein ausführliches Schreiben. Offenbar habe ich mich in
manchen Punkten missverständlich ausgedrückt.

Das Buch von Tilman Moser hatte ich nicht als Verstehenshilfe für den Therapeuten verstanden mit der Bitte um Verständnis und Therapievorschläge. Er ist ja selber Therapeut. Mir war bei dem Buch einfach nicht klar, was er bezweckt. Unterhaltsam ist es ja nicht, wenn über Leiderfahrungen berichtet wird. Dem würde ich mich dann stellen, wenn ein Mensch mir aus seiner Betroffenheit persönlich etwas erzählen will. Persönlich empfinde ich einen solchen Bericht dann, wenn er persönlich erzählt wird, weniger wenn er geschrieben und gedruckt wird, weil dann der Adressat nicht klar ist. Dass
es für Dich hilfreich ist, wenn Du von jemandem liest, der ähnliches erlebt hat, finde ich völlig verständlich.

Einem Redeverbot über die Bibeltexte und die Auslegung wollte ich nun auf keinen Fall das Wort reden. Das Bekenntnis zur Bibel als Wort Gottes und zu „ihrer völligen Zuverlässigkeit und höchsten Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung“ verstehe ich nicht im Sinne der Chicago-Erklärung.

Ich sehe Dich und andere, die zur kritischen Reflexion auffordern nicht als Brandstifter.

Eine Argumentationsweise mit der Bibel, wie Du sie zum Beispiel mit Maleachi 3,10 anführst, lehne ich genauso ab. Es ist m.E. ein falscher Umgang mit der Bibel. Wer die Bibel in diesem Sinne […] versteht, versteht sie meines Erachtens nicht. – Kritische Anmerkungen zu „giftiger Theologie“ will ich auf keinen Fall unterdrücken.

Ich habe betont, dass ich das Anliegen verstehe und für gut halte. Meine kritischen Anmerkungen betrafen die Frage, ob mit dem Flyer und der Homepage das erreicht wird, was Du beabsichtigst.

Allein dazu waren die Ausführungen bestimmt, nicht um Dich irgendwie in Deinen Äußerungen beschränken oder beschneiden zu wollen.

Mir ist es ein Anliegen, dass ein offenes Gespräch in den Gemeinden möglich ist und auch kritische Fragen und Thesen erlaubt sind. Schon zu Jugend- und Studienzeiten war es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir in den Gemeinden zu selbständigen kritischen Denken erziehen müssen. Es geht mir also nicht darum, dass ich mich durch Deine Mahnungen gestresst oder emotional belastet fühle.

Mein Hinweis darauf, dass ich „nicht alles in der Gemeinde kontrolliere„, bezog sich darauf, dass ich eben nicht einen Stil für richtig halte, wo die Gemeindeleitung bestimmt, was auf den Büchertisch darf, was in der Gemeinde gedacht und gesagt werden darf.

Ich sage da eher: „Wo die Mitte klar ist, kann der Rand offen sein.“ – Wenn ich feststelle, dass eindeutig negative und schädliche Sachen auf dem Büchertisch sind oder in der Gemeinde von irgendwelchen Besuchern ausgelegt werden, dann wandert das sehr schnell in den Papierkorb. Da verstehe ich Deinen Hinweis auf die Verantwortung, die wir füreinander haben schon. – Das bedeutet aber dennoch, dass unsere Gemeinde schon sehr pluralistisch ist. Dies breite volkskirchliche Spektrum ist sicher vielen suspekt. Mir ist es aber wichtig, dass jeder frei denken und reden kann. Erst wenn Gefahren für andere Gemeindeglieder dadurch deutlich entstehen oder die Gemeinde auf einen falschen Kurs gebracht werden soll, schreite ich oder schreiten andere aus dem Vorstand ein. […]

Wenn ich auf die Grenzen hinwies, dass allein Gott schützen kann, bezog es sich darauf, dass jeder Mensch anders hört und empfindet. Es wird oft nicht das gehört, was gesagt wird. Bei den Predigten kommt oft nicht das an, was der Prediger beabsichtigt und sagen wollte. Ich versuche da schon sehr selbstkritisch zu sein und zu tun, was ich kann. Dennoch erlebe ich, dass trotz aller Mühe und allem Einsatz, ich nicht immer perfekte Ergebnisse erziele. Ebenso geht es mir mit der Begleitung ehrenamtlicher Mitarbeiter.

Auch hier ist es mir natürlich ein Anliegen, anderen zu helfen, dass sie keine steilen Sätze formulieren, die andere in Gewissensnöte oder Schlimmeres bringen. In diesen Punkten hast Du völlig recht. Es gehört aber auch dazu, zu erkennen, dass wir Menschen Grenzen haben, dass wir nicht perfekt sind. Die „giftige Theologie“ hat meines Erachtens diesen Kernfehler des Perfektionismus. Christen meinen alles richtig machen zu müssen, alles kontrollieren zu müssen und dadurch vor Irrlehre und verderben zu behüten. Wie Du selber erlebt hast, wird es nicht perfekt, sondern sogar Schaden angerichtet.  Gut gemeint, ist eben nicht unbedingt gut. – Deshalb denke ich, dass wir uns schon um eine möglichst gute und perfekte Arbeit bemühen sollen, aber den Perfektionismus vermeiden sollten. Weil es keine perfekten Menschen und keine perfekten Christen gibt, habe ich darauf hingewiesen, dass ich dem Schutz Gottes vertraue. (Weil ich meine eigenen Grenzen kenne und auch die Grenzen vieler anderer Menschen, sehe ich für mich keine andere Möglichkeit, als mein Vertrauen nicht auf Menschen, sondern auf Gott zu richten.)

Mein Hinweis auf meine emotionale Reaktion auf den Flyer war nicht als innerlich Ablehnung gemeint. Ich hatte nicht alleine den Eindruck, dass der Stil der Warnungen vom eigentlichen Ziel ablenkt. Ich habe den Flyer durchaus offen liegen gehabt und darüber gesprochen. Mein Ziel mit der letzten E-Mail und diesem Schreiben ist es ja, Dein Anliegen zu unterstützen.

Meine Kernfrage war einfach die: Ist der Stil des Flyers und der Homepage so, dass er den Inhalt und die Prüfkriterien erfolgreich vermittelt. Dass Du damit auch Erfolg hast und so anderen helfen kannst, wünsche ich Dir und auch uns Christen in […] vor allem.

Bitte verstehe also meine Hinweise nicht als Ablehnung, sondern als kritische Begleitung, um das Ziel zu unterstützen, andere vor Schaden zu bewahren.

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9. Die Antwort des Arbeitskreises auf den vierten Brief des Pastors

(Die Krankengeschichte bitte ernstnehmen…)

Lieber Bruder …

Danke für deine Richtigstellung. Ich will dir nicht unterstellen, was nicht zutrifft. Doch manches nagt weiter an mir.

Dir ist nicht klar, was Tilman Moser bezweckt, schreibst du. Mir ist das sofort klar. Aufmerksam machen auf seine Not mit der Bibel und mit der Gemeinde und die Mangelhaftigkeit der angebotenen Lösungen!  Deshalb ist das Buch von Tilman Moser ein wertvolles Dokument. Dazu braucht man auch keinen Adressaten !  In der medizinischen Literatur werden Krankheitsberichte anonymisiert veröffentlicht. und auf dieser Basis wird die Krankheit analysiert und bekämpft. Und „unterhaltsam“ muss ein solcher Bericht überhaupt nicht sein, sondern ein Arzt, der seine Arbeit ernst nimmt, wird auch abstoßende Details wissen wollen, die für die Diagnose von Bedeutung sein könnten.

Tilman Moser ist ein Sprachrohr für viele geschädigte Menschen. Wenn ein Mensch solche Nöte in der christlichen Gemeinde erfährt, die im Vertrauen auf Jesus leben will, dann geht das alle an.

Als die Einwohner einer Stadt in der Stadt Gibea (Stamm Benjamin) die Frau eines Mannes, der dort übernachten musste, vergewaltigt und getötet hatten, schnitt ihr Mann den Körper seiner Frau in 12 Stücke und schickte die Fleischstücke an alle Stämme in Israel. Was war die Reaktion ? „Da versammelten sich zu der Stadt alle Männer Israels, wie ein Mann verbunden. Und die Stämme Israels sandten Männer zu allen Sippen Benjamins und ließen sie fragen: Was ist das für eine Bosheit, die bei euch geschehen ist? “ (Ri 20,8-12)

Niemand sagte: Gibea gehört nicht zu unsererem Stamm – nicht zu unserer Gemeinde – was geht es mich an. Ist das wirklich eine sinnvolle Einstellung: Ich muss persönlich angesprochen sein – sonst reagiere ich nicht ?

Ich frage: Welche Reformimpulse kommen durch solche Leute wie Tilman Moser zurück an die Gemeinde ? Haben sie der Gemeinde wirklich nichts zu sagen? Wer interessiert sich für das schwere Leid dieser Menschen? Wo ist das Entsetzen darüber, dass gutwillige Menschen in der Gemeinde lebenslange psychische Schäden erleiden durch dilettantische Theologie und Machtmissbrauch und jahrelang – und oft vergebens – nach tatkräftiger und effizienter Hilfe suchen müssen und dann in ihrer Verzweiflung sogar Haß auf Gott und seine Leute entwickeln? Wer spricht für diese Leute in der Gemeinde? […]

Nun habe ich nach jahrelanger, fleißiger Arbeit (selbstverständlich unbezahlt) hilfreiche Lösungen auf der Basis der herkömmlich bibeltreuen Theologie gefunden. Dennoch mache ich immer wieder die deprimierende Erfahrung, dass eine kritische Diskussion meiner Thesen in evangelikalen Gemeinden, soweit ich sie gefragt habe, entweder behindert oder sogar verboten wird. Die Reaktion vieler Gläubiger sind so, wie man es eigentlich von Sekten her kennt.

Du schreibst, dass es dir ein Anliegen ist, dass „ein offenes Gespräch in den Gemeinden möglich ist und auch kritische Fragen und Thesen erlaubt sind.“ So hatte ich eigentlich dich auch eingeschätzt. Doch da bist du wohl eher die Ausnahme.

Nun meinst du, du und andere hätten „den Eindruck, dass der Stil der Warnungen vom eigentlichen Ziel ablenkt.“  Nun, ich habe eine ganze Reihe von Gläubigen aufzuweisen, die tief in diese Materie eingedrungen sind und gute Lösungen bekanntmachen wollen, und die einen inzwischen ganz anderen Eindruck haben, dass nämlich ein kräftiger Ton angebracht ist, der Ton, den sich etliche Gestalten der Bibel früher herausgenommen haben, die man ebenfalls versucht hat, mundtot zu machen.

Wohl kaum einer derjenigen, die an dieser Front kämpfen, werden sanftes – oder am Ende noch „unterhaltsames“ Reden für angemessen halten – es gibt zuviele Stimmen, die so reden. Die Ablenkung ist viel zu groß.

So bleibt am Ende wieder das Beispiel der Feuerwehr, die auf schnellstem Weg zum Ziel kommen muss. Ihr genügt das unangenehm klingende Signalhorn. Ob derselbe Effekt auch erreicht würde, wenn die Feuerwehr statt zu tuten, „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ spielen würde ?

Wenn du einen besseren Ton findest, der mehr Aufmerksamkeit erzeugt –  warum sollten wir ihn nicht übernehmen? Doch wir haben bisher leider nichts, was ähnlich eindringlich und ausreichend informativ ist. Soll es doch schrill klingen ! Man merkt dann auf – das genügt. Stil beachten wir nur insoweit, dass wir höflich und fair bleiben wollen.

Du solltest dich nicht daran stören, dass unser Stil dir „zu fundamentalistisch“ erscheint. Um zu überzeugen, muss man „dem Griechen ein Grieche werden, dem  Juden ein Jude“ (1.Kor 9,20) , und dem eng denkenden Bruder ein eng denkender Bruder – in den Grenzen der Wahrhaftigkeit natürlich.

Aber ich freue mich natürlich, dass du keine Einwände hast, wenn unsere Bekanntmachung an die Mitglieder deiner Gemeinde verteilt wird und bin dir auch dafür dankbar. Am Anfang unseres Briefwechsels war mir das durchaus nicht so klar.

So hätte ich jetzt noch eine Frage: Wieviel Briefe und Flyer müssen nun gedruckt werden, damit alle Mitglieder in dem Konvent deiner Gemeinde angeschrieben werden können?

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10. Der fünfte Brief des Pastors:

(Man sollte eher das Positive, Gesunde einüben statt auf krankmachende Fehler hinzuweisen!)

Lieber Bruder [des Arbeitskreises],
wenn ich Tilmann Moser richtig verstanden habe, berichtet er vor allem darüber, wie ihm die biblischen Texte und dogmatischen Aussagen vermittelt wurden und was das an Schaden angerichtet hat. Gerade durch die Weise, wie man gelehrt wird, damit umzugehen, richten sie ja solchen Schaden an. Du schreibst ja auch von giftigen Stellen und bringst damit zum Ausdruck, dass es auch in der guten Schöpfung Gottes Substanzen gibt, die bei missbräuchlicher Verwendung vergiften können.

Das Studium von Krankheitsbildern ist in der Medizin nötig. Viele Literatur für die allgemeine Bevölkerung über Medizin richtet teilweise Schaden an, weil sie falsch gelesen wird.

Es ist gut, wenn Therapeuten, wie Tilman Moser, sich um Menschen kümmern, die durch die Religion geschädigt wurden, und wenn sie hier helfen können. So verstehe ich auch Deine Bemühungen.

In den vielen Jahrhunderten der Christenheit und auch in unserer Zeit wird durch falschen Umgang mit der Bibel und durch falsches Verhalten von Christen und Gemeinden Schaden bei Gemeindegliedern angerichtet. Es ist richtig, dies nicht zu verschweigen und Hilfe anzubieten. – Zum Glück ist es nicht die Mehrheit der Christen, die einen solchen Schaden erlitten haben, für die Betroffenen ist es desto Schlimmer.

Das Bild der Bibel und des christlichen Glaubens sollte daher nicht vom Missbrauch her gezeichnet werden, sondern von der richtigen Sicht, von daher, wie Menschen geholfen wird und wie sie nicht geschädigt werden.

Ein Beispiel: in der Persönlichkeitsdiagnostik zeichnen manche Psychologen die Persönlichkeitstypen von den Krankheitsbildern her, die sie in der Klinik kennengelernt und studiert haben. Dabei gewinnen sie wichtige und richtige Erkenntnisse. So z.B. F. Riemann in „Grundformen der Angst“. Das ist dann aber ein pathologisches Bild; wenn es für die gesamte Bevölkerung verallgemeinert wird, dann werden die Bezeichnungen problematisch. Bei gleicher Persönlichkeitsstruktur wird nicht jeder Mensch krank und landet in der Klinik. Um allgemeine und Hilfreiche Aussagen von den gewonnenen Erkenntnissen her zu machen, müssen diese Erkenntnisse in der Begrifflichkeit neutral und nicht pathologisch gefasst werden und auf die Gesamtbevölkerung übertragen und möglichst auch durch Tests erfasst werden. Wichtig ist dabei dann auch, dass solche Tests, Beobachtungen und Eingruppierungen keine Festschreibungen, sondern eine Förderdiagnostik sind, die aufzeigt, wie bei dem jeweiligen Menschen eine positive Entwicklung möglich ist und wie er mit seiner so gewordenen Persönlichkeit umgehen kann. (Michael Dieterich hat versucht so aus Forschungen von Cattell, Eysenck und Riemann ein neues verändertes  Persönlichkeitsstrukturmodell zu formulieren, dass auch auf die Gesamtbevölkerung in westlichen Ländern anzuwenden ist und hat hierzu breite Tests vorgenommen um auch die Veränderungen und kulturellen Unterscheide zu berücksichtigen. Er unterscheidet außerdem zwischen objektiven Testergebnissen, vorstrukturierten teilweise objektiven Beobachtungen und subjektiven persönlichen Beobachtungen.) Es ist also ein mühsamer, weiter Weg, um die persönlichen Erfahrungen und Krankheitsbilder zu einer Hilfe für eine breite Schicht von Menschen mit unterschiedlichen Lebenswegen zu kommen. – Du selber schreibst, dass es Dich auch viel Arbeit und Mühe gekostet hat, um zu den entsprechenden Warnungen, Flyern und der Homepage zu kommen. – Es sind jedoch bisher nur die Warnungen.

Du fragst nun, wie Reformimpulse kommen. In der Tagespresse lesen wir gerade etwas über die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche. Es ist m.E. unklar, ob die katholische Kirche Forschungsergebnisse zensieren will, Informationen zurückhalten will, oder ob es um einen Streit darüber geht, was wirklich hilfreich ist. Aber das ist das Problem der katholischen Kirche, nicht unseres. Bei uns stellen sich die Probleme anders dar.

Du wirst die Zustimmung zu Deinen Thesen und Warnungen vor allen in den Gemeinden erhalten, die keine fundamentalistische Theologie vertreten und bei denen sich die Probleme anders darstellen, als Du sie erlebt und erlitten hast. (Probleme gibt es da natürlich auch genügend, aber eben anders.) Bei denen, die Du erreichen willst, wirst Du eher Ablehnung ernten. Das liegt in der Struktur des Denkens und Glaubens. Sie werden Dir – wie ich – im Anliegen zustimmen, aber betonen, wie wichtig doch die klaren Abgrenzungen und Warnungen sind und werden nicht wollen, dass Du sie in irgendeiner Weise relativierst. Gerade da sehen sie ja die Gefahren. […]

Warnungen, prophetische Mahnungen (wie im Alten Testament) und Reformimpulse kommen oft von außen. Das Fanal, das zum Aufmerken anregt, geschieht heutzutage oft durch gut recherchierte Artikel im Spiegel oder ähnlichen Zeitschriften. Dies bewirkt dann großen Protest in den Kirchen und Gemeinden führt aber dazu, wenn es wirklich gut und exakt vorgetragen wurde, dass sich Einzelne in den Kirchen damit auseinandersetzen und ein dann ganz anders strukturierter innerkirchlicher Prozess beginnt. (So gilt es für größere Kirchen und Gemeindebünde. Für kleinere fundamentalistische Gemeinden ist das schwieriger. Sie schotten sich eher ab.) – Der Stil Deiner Flyer und der Homepage ist eher so, wie ein Aufruf und eine Mahnung von außen.

Es ist selten, dass sich solche Prozesse durch die Gemeindeleitungen und Gremien anregen lassen. Hier muss der Stil auch anders sein. In der BEK wurden Beratungsstellen eingerichtet, für Mitarbeiter (die auch in der Kirche vom Mobbing bedroht sind) gibt es Berufsgruppenbeauftragte. Es werden Standards entwickelt, wie man mit Konflikten umgeht und es wird Beratung von außen dafür angeboten. Umgesetzt wird es auch nicht von allen Gemeinden und die Hilfen werden auch nicht immer in Anspruch genommen, denn es ist häufig nicht bewusst, dass es um das Wohl der Einzelnen und ein gutes Miteinander geht, damit sich die Gemeinde entwickeln kann und Menschen zum Glauben finden.

Hinter dogmatischen oder anderen Gründen, stehen oft bewusste oder unbewusste Machtinteressen, manchmal auch eigene Ängste und Schädigungen der Akteure, Opfer werden zu Tätern. Dennoch meine ich, dass es gut und notwendig ist, die Hilfen, wie sie in der BEK angeboten werden, auch anzubieten und Standards zu vereinbaren.

In der Evangelischen Allianz gibt es nur die Möglichkeit, Gespräche anzubieten. Hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass wir so manches Mal gescheitert sind. Viel Zeit und Mühe hat doch wenig gebracht. Persönliche Interessen und Blockaden waren stärker.


Worin ich meine Aufgabe sehe: Aus der Pädagogik lernen wir, dass es wichtiger ist, beizubringen, wie man es richtig macht, als Fehler deutlich zu machen. Es muss immer wieder das richtige Verhalten und Denken eingeübt werden, damit es sich festsetzt. Das ist wohl der Sinn von Hausaufgaben und Verbesserungen. Manche sind gegen Hausaufgaben, weil sie die Sorge haben, dass ohne Aufsicht Falsches eingeübt wird, und sie bevorzugen eher das gemeinsame Üben. – Wenn ich Tilman Moser richtig verstanden habe, hat er vor allem die Art, wie ihm Glauben vermittelt wurde und wie sich dann Aussagen und Bibelstellen ausgewirkt haben, als krank machend erlebt.

Wenn man kein fundamentalistisches Bibelverständnis hat, sondern versucht überall die große Linie der Hilfe und Zurechtbringung Gottes zu sehen, und die Stellen der Bibel, die man nicht vom Evangelium her verstehen kann, getrost als nicht verstanden stehen lassen kann, dann kann man beim Lesen der Bibel und in der Gemeinde eher nur das Positive lernen, einüben und verinnerlichen. Wie Du mir wiederholt mitgeteilt hast, ist das schwer möglich, wenn man immer anderes gelernt hat. Deshalb ist es mir so wichtig, dass wir in der Gemeinde gar nicht erst solches Bibellesen und Denken einüben, das krank machen kann, sondern versuchen, alles konsequent vom Evangelium her zu sehen und zu leben.

Wenn gerade Drohungen, Warnungen und andere Formen der Kommunikation, die Angst auslösen können, krank machen, bin ich daher skeptisch, ob  der warnende Stil im Flyer hilfreich ist. Ich verstehe sehr gut, dass Du damit Dich damit auf die Zielgruppe einstellen möchtest. Ob es da dann auch wirklich ankommt, weiß ich nicht. Siehe oben.


[Nun zu unserer Gemeinde …] Wenn die Bauherren keine Einwände haben, würde ich Flyer auch bei einer solchen Versammlung auslegen und darauf hinweisen; ob sie mitgenommen werden, kann ich nicht sagen.

Was hältst Du von der Internetseite www.geistlicher-missbrauch.info aus der Schweiz ?.

Er hat sehr klar die Ziele formuliert, die er zunächst mit dem Forum hatte. Begründet, warum er das Forum abgeschaltet und dafür eine Infoseite geschaltet hat (Er konnte nicht mehr garantieren, dass die Beiträge seriös sind und dass das positive Ziel erreicht wird.), er ist auch deutlich und eindeutig in den Aussagen. Es macht allerdings alles einen nüchternen und sachlichen Eindruck.

Soweit eine schnelle Antwort auf Deine Mail.


11. Die Antwort des Arbeitskreises auf den fünften Brief des Pastors

(Eines schließt das andere nicht aus: es gibt auch scheinbar Gesundes, das krank machen kann…)

Lieber Bruder,
Ich habe die von dir angesprochene Seite (www.geistlicher-missbrauch.info) besucht und ich stelle fest, dass sie einen ähnlichen Weg gegangen sind wie wir, nämlich dass nur wenige einzelne Leidensberichte veröffentlicht werden und kein Forum eingerichtet wird. Ich habe etliche Foren im Internet aufgesucht. Es ging ins Uferlose und der Leser ist überfordert, das alles zu sichten. Deshalb scheue ich mich auch davor, ein Forum einrichten.

Ein Bild des Glaubens „zeichnen wir nicht vom Missbrauch her„, wie du meinst. Deswegen auch die vielen positiven bibelkundlichen Aufsätze, die sich mit Fragen befassen wie: Was ist Freiheit des Christen, was ist Heiligung, was sind unverzichtbare Heilstatsachen, wie erhalte ich Heilsgewissheit trotz Unvollkommenheit. Hier kommt die ganze Kraft des Evangeliums zum Zuge. Auch in dem Artikel über den Charakter eines im Glauben gereiften Gläubigen.

Etwas Ähnliches macht www.geistlicher-missbrauch.info übrigens auch mit Artikeln wie: „Hinterfragende / Mündigkeit des Christen“ – ein Artikel, der uns besonders gut gefallen hat.

Ein positiver Ansatz unsererseits sind auch die vielen Aufsätze zur Rechtssicherheit in der Gemeinde, um darzustellen: wie sieht eine Kultur der Fairness unter Christen aus. Diese Artikel sind für alle Gläubigen hilfreich und wichtig, auch wenn sie nicht seelisch geschädigt wurden.

[…} Gefahren müssen wir trotzdem konkret ansprechen, denn Menschen müssen zu lange suchen, bis sie von einem Freund oder Therapeuten eine Antwort auf biblischer Basis bekommen, der sie vertrauen können. Ich habe viele Therapeuten, auch christliche aufgesucht, und jahrelang nur immer wieder erfahren, dass sie nicht helfen konnten und dann mit schädlicher Chemie die Panik zu dämpfen versuchten. Das ging über 30 Jahre lang so. Dieterichs Strukturmodell hat daran nichts geändert.

Tatsache: Es gibt Antworten auf biblischer Basis – und zwar mit soviel geistlicher Autorität, wie sie der perfektionistische Ansatz nicht aufzuweisen hat. Auf diese Weise kann man auch auf das erkrankte Gewissen optimal einwirken. Diese Antworten müssen verfügbar sein. Man muss wissen, dass es sie gibt. Den akut Betroffenen nützt der Hinweis auf die vielen Gesunden, die sich anders behelfen, nichts.

Du schreibst, dass es wichtiger sei, beizubringen, wie man es richtig macht, als Fehler deutlich zu machen. Ich glaube, dass das eine das andere nicht ausschließt. Deswegen machen wir auch beides auf unserer Internetseite.

Dann ist zu bedenken: Es gibt auch scheinbare Gesundheit, scheinbare Heiligung, überhaupt viel Scheinbares im Reich Gottes, das mangelnder Selbstkritik zu verdanken ist. Nicht alles was gesund scheint oder sich als gesund ausgibt, ist tatsächlich gesund. „Wie man es richtig macht“, das ist leichter gesagt als getan. Junge Leute sind doch leicht zu begeistern und einzuwickeln. Gut ist, wenn sie wenigstens Sensibilität für unzulässige Machtausübung haben lernen können.

Ich bin vielen Gesund Scheinenden im Laufe meines Lebens begegnet. Ich war gewöhnlich sehr eifrig, viel von ihnen zu lernen. Und doch konnte ich die Destruktivität in meinem Umfeld und in mir erst eindämmen, als ich das logische Werkzeug erarbeitet hatte. Von Seiten der Gemeinde hatte ich hier keine nennenswerte Hilfe.

Zu deinem Vorschlag: Das Auslegen der Flyer auf einem Tisch hat erfahrungsgemäß ganz wenig Erfolg, da gewöhnlich die Leute sehr oft nach der Veranstaltung es eilig haben oder sich mit Freunden unterhalten und dann vergessen, noch einmal auf den Tisch zu schauen. Ich finde es angemessen, dass jedes Mitglied ein Schreiben mit Flyer in sein Fach bekommt, um dann zu entscheiden, ob er sich dafür interessiert oder nicht. […]

Falls deine Bauherren dagegen sind, dann sage ihnen, dass es der geistlichen Gesundheit (!) der Ev. Allianz sehr gut tun würde, wenn sie sich nicht gegen eine Kultur der Fairness sträubt und geschädigte Mitchristen, die anderen Betroffenen helfen wollen, mundtot macht.

Dass ich euch um Erlaubnis bitte, ist ein Akt der Höflichkeit. Rechtlich gesehen ist der Souverän in der Gemeinde die Mitgliederversammlung, die den Vorstand ernennt oder absetzt. Wenn auf Rechtsmissbrauch oder andere Misstände hingewiesen wird, so liegt das außerhalb des normalen Geschäftsganges, für den der Vorstand das Mandat übertragen bekommen hat. Der Vorstand kann nicht beschließen, dass die Mitglieder über rechtlich bedeutsame Vorgänge nicht informiert werden dürfen.

Manche Vorstände machen es trotzdem, weil sie sich als Gebietsfürsten betrachten und alle anderen als Untertanen – aber das ist sehr ungesund und widerspricht dem Wort Jesu: „einer ist euer Meister – ihr alle aber seid Brüder.“ (Mt 23,8)


12. Ein Nachtrag des Arbeitskreises zur Antwort auf den fünften Brief des Pastors

(Also sind wir doch wieder Brandstifter…)

Lieber Bruder,
anbei sende ich dir unseren verbesserten Flyer zu, der wieder gekürzt wurde. Ich glaube wir haben jetzt die optimale Form gefunden.

Ich habe noch einmal über deinen Vorwurf, dass wir „ein Bild des christlichen Glaubens vom Missbrauch her zeichnen„, nachgedacht.

Ihr habt doch eine Gemeindeordnung, die dazu da ist, “Spielregeln”, die dem Rechtsfrieden dienen, festzulegen und der Machtausübung einzelner Personen klare Grenzen zu setzen. Damit wird Missbrauch von Macht eingedämmt. Muss man ihr deshalb vorwerfen, dass eine Gemeindeordnung schädlich und gefährlich sei,  weil “vom Missbrauch her gedacht” ?

Wir machen eine vorbereitende Arbeit, die zur Verbesserung mancher mangelhaften Gemeindeordnung führen kann. Ist das falsch ?

Du bist leider nach wie vor völlig festgelegt auf die Sicht der Werbungsabteilung in der Gemeinde und es fällt dir schwer, anzuerkennen, dass es auch eine Revisions- und Qualitätsabteilung geben muss mit ganz anderer Zielsetzung.

Du schreibst mir dass Gespräche wenig gebracht haben, weil „persönliche Blockaden und Machtinteressen“ stärker waren,  in einem Ton, als ob wir uns damit wie mit einem unabänderlichen Schicksal abzufinden hätten. Ist das tatsächlich so?

Auch taucht bei dir leider wieder der alte Vorwurf auf, dass wir es sind, die mit unserem warnenden Stil Menschen Angst auslösen und krank machen. Damit weist du uns doch wieder die Rolle eines Brandstifters, des Schadensverurachers zu, obwohl du es in einem früheren Brief bestritten hast. Inhaltlich ist es dasselbe!

Bitte sieh die die Ausführungen zur giftigen Theologie einmal genau an. Dann wirst du feststellen, dass wir nicht nur warnen, sondern genau analysieren, woher die negative Einwirkung auf das Gewissen und den Glauben kommt.

Anschließend entkräften wir mit einer besseren, weil auf die Bibel gegründeten Argumentation die destruktive Argumentation. Damit wird die Destruktivität im Gewissen abgebaut. Zugleich stärken wir die Autorität der Bibel und das Vertrauen in der Bibel, weil dieselben Bibelworte nunmehr einen konstruktiven Sinn bekommen entsprechend dem heiligen Wort: „Christus hat uns zur Freiheit befreit. Lasst euch nicht wieder durch das knechtische Joch fangen.“ (Gal 5,1+2)

Wir leiten weiter an zum genauen Erkennen der Eigenarten der Bibel (Geistliche Disziplin, Gesetzliche Illusionen, Pauschalstil, Polarität der Bibel, Rangunterschiede biblischer Aussagen,  schöpfungsgemäßes Inspirationsmodell, Selbstverstärkung, Unterscheidung der Verantwortungsbereiche ), sodass Gläubige nun auch andere Fragen, die sie beschäftigen oder belasten, in bibelgemäßer Weise selbst klären können.

Weiter beleuchten wir die zentrale Frage der Heilsgewissheit und Glaubensfreude von vielen Seiten, und weisen auch auf die üblichen oberflächlichen Antworten hin, die genauerer Prüfung nicht standhalten.

Soll ich das wirklich als Quintessenz aus deinem Beitrag entnehmen, dass es – ungeachtet der deutlichen Schadensmeldungen – wohl am besten ist, wenn alles so bleibt, wie es ist ?


13. Der sechste Brief des Pastors

(Mir ging es nur darum, den Flyer zu optimieren)

Lieber Bruder [des Arbeitskreises],

bitte entschuldige, dass ich nicht immer die richtige Formulierung finde. Es geht mir nicht um Vorwürfe, sondern um die Frage, wie man die beste Wirkung erzielt.

Ein Flyer ist für mich da ein Werbeprospekt. Deshalb beurteile ich ihn auch so. Du hast sehr gut gekürzt, dass die Information – man kann es nicht verhindern, dass auch negative Impulse in eine Gemeinde kommen und deshalb ist Schutz wichtig – und die Aufforderung – jeder soll in der Lage sein und in die Lage versetzt werden, selber zu prüfen und dies auch tun können – deutlich rüber kommt.

[…] Unklar ist mir, warum auf der Innenseite nur steht, dass Gläubige ungewollt anderen Schaden können und dann der hervorgehobene Hinweis „und nun kommt die gute Nachricht .“

Und auf der Frontseite steht die Frage „Schluck es einfach“ – Diese beiden Seiten werden am intensivsten betrachtet. – Du nutzt sie so, dass Du hier zum Weiterlesen einlädst. Wenn man das tut, versteht man den Flyer und das Anliegen.

Wenn man es nicht tut, welcher Eindruck bleibt dann? – Ich finde es sinnvoll, wenn hier schon die Kernbotschaft steht, so dass auch bei dem Leser, der nicht alles liest, das Wesentliche hängen bleibt.

Das sind zugegeben, alles Überlegungen die eher aus dem Gesichtspunkt der Werbeabteilung kommen. (Es geht mir hier nicht um Vorwürfe, Brandstifter zu sein, sondern um die Frage, wie man den Flyer optimieren kann, so dass er die gewünschte Wirkung erzielt.)

Auf der Homepage ist auch auf Seite 1 der Hinweis – Prüft ALLES! – Das würde ich auch beim Flyer so machen. Dann hast Du den sehr drastischen Hinweis auf die Gefahr und auch das Ziel, Gefahren einzudämmen und Hilfe anzubieten gleich im Blick.

Übrigens: Auch in der Gemeindeordnung wird eher positiv geregelt. Die Verhinderung von Missbrauch steht nicht im Vordergrund.

Wenn ich festgestellt habe, dass Gespräche nichts gebracht haben, bedeutet dies nicht anschließende Untätigkeit, sondern dass das Mandat von Gremien begrenzt ist und manche Bemühungen nicht auf der offiziellen Schiene weitergehen können.

Natürlich müssen wir alles tun, was uns möglich ist, um zu helfen, zu ermahnen und zu ermutigen. Leider gibt es Grenzen und Misserfolge, auch damit müssen wir umgehen. Wir dürfen uns natürlich nicht entmutigen lassen und untätig werden. Da gebe ich Dir vollkommen recht. (Du lässt Dich von kritischen Einwänden, die zumindest von mir nur konstruktiv und hilfreich sein sollen, auch wenn ich mich nicht immer verständlich genug ausdrücke – und auch nicht von Ablehnungen entmutigen, sondern machst weiter. Das ist vorbildlich. Es soll auf keinen Fall so bleiben, wie es ist. – Wir müssen jeder an seiner Stelle sehen, welche Möglichkeiten wir haben.

[Ende des Briefwechsels]

Artikel aktualisiert am 25.04.2018

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