Einleitung
Eine faire, wertschätzende Gesprächskultur wäre ein deutlicher Hinweis auf Liebe und Glaubwürdigkeit. Doch es muss einmal gesagt werden: unter bibeltreuen Christen gibt es sie gegenüber Andersdenkenden praktisch nicht. Wie schön wäre es, wenn es so wäre! Was für ein wunderbares Glaubenszeugnis wäre das! Doch weit gefehlt!
Jesus hatte kein Problem damit, jedermann zur Kritik an seiner Person aufzufordern (Joh 8,46): „Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen?“ Auch Paulus stand Rede und Antwort (2Kor 4,4).
Warum wird so wenig Wert auf eine wertschätzende Gesprächskultur gelegt?
Wie anders und wenig glaubwürdig wirkt vergleichsweise das Zeugnis von Glaubensgemeinschaften, die mit großem Sendungsbewusstsein, gerne und ständig andere kritisieren, aber sich gegen berechtigte Hinweise, die von außen kommen, taub stellen. Nicht nur das, sondern sie bemühen sich auch, das Bekanntwerden guter Argumente zu verhindern. So können gute Argumente keinen Anstoß mehr zu tieferem Nachdenken geben. Stattdessen aktivieren sie automatisch die immer gleiche Schallplatte der Standard-Ausreden, die die fromme Gemeinschaft für solche Fälle bereithält. Eine traditionelle Unsitte, die sich tief eingeschliffen hat.
Wie oft, ja eigentlich fast immer, wird auf berechtigte Fragen und auf den Wunsch nach Überprüfung der gutgläubig übernommenen „Bibelbrille“ mit angelerntem Entsetzen, Empörung und sofortigem Abbruch des Kontaktes reagiert („Einüben der Verlustangst“). Denn man ist ja wieder und wieder belehrt worden, dass man mit dieser gedankenlosen Abstoßungsreaktion ein Verdienst vor Gott erwerben würde. So hat man die Überzeugung erworben, dass man sich mit der billigen Zustimmung zu „allem, was die Glaubensgemeinschaft vorgegeben hat“, als besonders „glaubenstreu“ bewähren würde – ohne zu bemerken, dass dieselbe allergische Reaktion fernab jeglicher Selbstprüfung das Typische aller nach Macht und Einfluss strebenden Glaubensgemeinschaften ist.
Eine ehrliche Gesprächskultur fördert spirituelles Wachstum und Persönlichkeitsentwicklung
Bis heute weiß die fromme Klientel über tragfähige Alternativen zur Chicago-Erklärung („Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Bibel“) so gut wie nichts. Sie weiß nichts oder kaum etwas über bessere Alternativen, die für spirituelles Wachstum und für die Persönlichkeitsentwicklung wesentlich fruchtbarer und hilfreicher sind.
Was ist eigentlich dagegen zu sagen, dass jeder Gläubige das Recht hat, sich über Stärken und Schwächen unterschiedlicher Bibelverständnisse zu informieren (z. B. hier: bibelbrillen.de)?
Zumal die Chicago-Erklärung den Gläubigen nachweislich immer wieder zur Verdrängung, ja viele sogar zur Lüge verleitet, und dennoch denselben Unfehlbarkeitsrang beansprucht wie das heilige mündliche Gotteswort. Wer diese Erklärung meint vertreten zu müssen, der tut es im Auftrag der Unfehlbarkeit. Bei vielen dieser Vertreter dauert es nicht lange, bis sie sich selbst in einer Art Papstfunktion sehen, berechtigt die Gefolgschaft anderer Christen einzufordern und mit Halbwahrheiten und Propaganda gegen unliebsame Konkurrenz abschotten zu müssen.
Hat Jesus auch die Lüge und die Verdrängung gebraucht? Gehört nicht auch die Chicago-Erklärung wie jedes von Menschen gemachte Produkt auf den Prüfstand? Warum eigentlich nicht? „Prüfet alles“ (1Thess 5,21 / ältester Brief des NT!) (Beitrag: Sollte Gott gesagt haben?)
Christliche Websites sollten den ehrlichen Austausch fördern statt bremsen
Wie viele bibeltreue Websites erlauben von vornherein keinen ehrlichen Austausch. Schon gar nicht erlauben sie Gläubigen, Artikel auf der eigenen Plattform zu verfassen, die auf gravierende Fehler hinweisen. Warum? Warum nur will man allgemein als Lichtgestalt gelten, deren Führungsanspruch nicht in Frage gestellt werden soll? Warum eigentlich nicht? Es mag Ausnahmen zu dieser Einstellung geben, aber diese sind doch sehr, sehr selten!
(Ganz anders unsere Webseite „matth2323.de“: ALLE Kommentare werden veröffentlicht, beantwortet sowie zur weiteren Kommentierung bereitgestellt. Jeder, der anderer Meinung ist, darf hier veröffentlichen. Denn wir wollen einen überzeugenden Beitrag dazu leisten, dass sich gläubige Christen das nötige Niveau einer ehrlichen Gesprächskultur aneignen können. Was kann denn falsch daran sein, wenn sie andere Ansichten mit Geduld und Aufmerksamkeit anhören und diese prüfen? Nur so erfahren sie, welche Gedanken des Gesprächspartners nachvollziehbar, gut begründet und hilfreich sind, um sich schlussendlich als mündige und gut informierte Menschen zu entscheiden.)
Allzu viele bibeltreue Youtube-Videos erlauben von vornherein überhaupt keine Kommentare. Konkurrenz, die besser argumentiert, ist nicht erwünscht. Selbst wenn Kommentare erlaubt sind, soll ein Hinweis auf offensichtliche Fehler schwierig bleiben. Hier hilft ein Heer von Followern, die sofort dutzendweise den eigenen Beitrag mit geistig allzu sparsamen „Amen, Halleluja“-Kommentaren ganz schnell nach ganz hinten verschieben. Im Interesse eines seriösen Dialoges wäre es wünschenswert, dass solche gedankenlosen Nachplapper-Kommentare automatisch gelöscht werden.
Von den üblen manipulativen Tricks, die bei vielen bibeltreuen Christen leider völlig normal, aber mit dem Gebot der Wertschätzung anders geprägter Mitmenschen unvereinbar sind, sollte man sich inzwischen eigentlich distanziert haben. Doch weit entfernt. Man bedient sich ihrer ungeniert weiter und es interessiert niemanden, wie übel der Eindruck auf Außenstehende wirkt.
(Dazu bieten die Kommentare auf unserer Webseite ein reichhaltiges Anschauungsmaterial. Sie sind eine wertvolle Erkenntnisquelle und nicht selten ebenso lehrreich wie die Beiträge auf dieser Webseite. Wie oft flüchtet man sich, sobald das Fragen zu ehrlich wird, ins Phrasenhafte und der Kontakt wird für immer abgebrochen. Und das soll im Geiste der Liebe und im Auftrag des heiligen Geistes geschehen sein? Darf man das glauben? Oder ist dieser Glaube ein schrecklicher Aberglaube?)
Was ist bei dieser Einstellung wohl der Andersdenkende und sein Schicksal wert? Hat er wirklich keine triftigen Gründe für seine abweichende Einstellung? Vielleicht haben schwer erträgliche Erfahrungen seine Sichtweise geprägt. So sollte man sich eigentlich fragen.
Wertschätzende Gesprächskultur orientiert sich am Vorbild Jesu
Doch tut man es? Nicht das Herz reagiert, sondern das fromme dicke Ego. Nur sich nicht verunsichern lassen! Da man im Auftrag der göttlichen Unfehlbarkeit meint unterwegs zu sein, fühlt man sich im Recht, wenn der Gesprächspartner unverzüglich zur Unperson, zur überflüssigen Null und damit „unschädlich“ gemacht wird.
Doch es bleibt die Frage: War Jesus auch so? Tatsächlich…? – Ganz bestimmt nicht!
So ist die bibeltreue Fraktion eigentlich immer auf der Suche nach schlecht informierten Mitmenschen, die sich auf das von der Tradition vorgegebene Chicago-Bibelverständnis einschließlich der gedankenlosen Angst vor Informationen dressieren und sich in der Denkweise problemlos klonen lassen.
Man ist wirklich erstaunt, in welchem tiefen Wahn die bibeltreue Fraktion immer wieder neu befangen ist. Sie ist allen Ernstes davon überzeugt, mit einer Haltung der Unfähigkeit zur Selbstüberprüfung und mit dem unverbesserlichen Drang nach Bevormundung anderer Menschen trotz deutlich mangelhafter Argumente einen „göttlichen Auftrag“ als moralischer Wegweiser für Menschen in unserer Gesellschaft zu haben.
