Vorrede Luthers zum Hebräerbrief
Nicht widerlegbar, wie auch eine detaillierte Untersuchung des Hebräerbriefes beweist.
Die Bedenken Luthers zu den folgenden Briefen Jakobus, Judas und zur Offenbarung des Jihannes sind dagegen nicht zwingend. Sie können durch mit Hilfe anderer Bibelstellen überzeugend entschärft werden und sind somit für die Heilsgewissheit irrelevant.
Vorrede Luthers zum Jakobusbrief
„Den Brief des Jakobus, obwohl er von den Alten verworfen ist, lobe ich und halte ihn doch für gut, und zwar deshalb, weil er gar keine Menschenlehre aufstellt und Gottes Gesetz eifrig treibt. Aber, auf dass ich meine Meinung darüber begründe, jedoch ohne irgend jemandes Nachteil: ich erachte ihn für keines Apostels Schrift.
Und dies ist meine Ursache dafür: Aufs erste, dass er stracks wider Paulus und alle andere Schrift den Werken die Rechtfertigung zuschreibt und sagt, Abraham sei aus seinen Werken gerechtfertigt worden, da er seinen Sohn opferte, obwohl doch Paulus Röm. 4 entgegengesetzt lehret, dass Abraham ohne Werke, ehe er denn seinen Sohn opferte, gerechtfertigt worden sei, allein durch seinen Glauben, und das mit 1. Mose 15,6 beweist. Wenn nun diesem Brief vielleicht geholfen und für solche Rechtfertigung der Werke ein erklärender Zusatz gefunden werden möchte, kann man ihn doch darin nicht schützen, dass er den Spruch 1. Mose 15,6 – welcher allein von Abrahams Glauben und nicht von seinen Werken sagt, wie ihn Paulus Röm 4,3 ff. anführet – doch auf die Werke bezieht. Darum ergibt dieser Mangel, dass er von keinem Apostel stamme.
Aufs zweite, dass er Christenleute lehren will und gedenkt nicht einmal in solcher langen Lehre des Leidens, der Auferstehung, des Geists Christi: er nennet Christus etliche Male, aber er lehret nichts von ihm, sondern spricht vom allgemeinen Glauben an Gott. Denn das Amt eines rechten Apostels ist’s, dass er von Christi Leiden und Auferstehen und Amt predige und für diesen Glauben den Grund lege, wie Christus selbst sagt Joh. 15,27: „Ihr werdet von mir zeugen.“ Und darin stimmen alle rechtschaffenen, heiligen Bücher überein, dass sie allesamt Christus predigen und treiben. Das ist auch der rechte Prüfstein, alle Bücher zu beurteilen, wenn man siehet, ob sie Christus treiben oder nicht. Sintemal alle Schrift Christus zeiget, Röm. 3,22 ff., und Paulus nichts als Christus wissen will, 1. Kor. 2,2. Was Christus nicht lehret, das ist nicht apostolisch, wenns gleich Petrus oder Paulus lehret; umgekehrt, was Christus predigt, das ist apostolisch, wenns gleich Judas, Hannas, Pilatus und Herodes täte.
Aber dieser Jakobus tut nicht mehr, als zu dem Gesetz und seinen Werken treiben, und wirft eins so unordentlich ins andere, dass mich dünkt, es sei irgendein guter, rechtschaffener Mann gewesen, der etliche Sprüche von den Jüngern der Apostel aufgenommen und so aufs Papier geworfen hat, oder ist vielleicht nach seiner Predigt von einem andern niedergeschrieben. Er nennet das Gesetz ein Gesetz der Freiheit, obwohl es Paulus doch ein Gesetz der Knechtschaft, des Zorns, des Tods und der Sünde nennet.
Darüber hinaus zitiert er die Sprüche 1. Petr. 4,8: „Die Liebe bedeckt der Sünden Menge“, ferner 1. Petr. 5,6: „Demütiget euch unter die Hand Gottes“, ferner das Wort des Paulus Gal. 5,17: „Den Geist gelüstet wider das Fleisch“, obwohl doch Jakobus bereits früh von Herodes zu Jerusalem vor Petrus getötet worden war, so dass sicher scheint, dass der lange nach Petrus und Paulus gelebt habe.
In Summa: er hat denen wehren wollen, die sich auf den Glauben ohne Werke verließen und ist für diese Sache an Geist, Verstand und Worten zu schwach gewesen. Er zerreißt die Schrift und widersteht damit Paulus und aller Schrift, will’s mit Gesetz Treiben ausrichten. Darum will ich ihn nicht in meiner Bibel in der Zahl der rechten Hauptbücher haben, will aber damit niemand wehren, dass er ihn stelle und hochhalte, wie es ihn gelüstet, denn es sind sonst viel guter Sprüche darinnen. „Ein Mann ist kein Mann in weltlichen Sachen“; wie sollte dann dieser Einzelne nur allein wider Paulus und alle andere Schrift gelten?“
Vorrede Luthers zum Judasbrief
„Dass der Judasbrief aber ein Auszug oder Abschrift aus dem zweiten Petrusbrief ist, dem alle Worte fast gleich sind, kann niemand leugnen. Auch redet er so von den Aposteln wie ein Jünger lange danach und führet auch Sprüche und Geschichten an, die in der Schrift nirgends stehen, welches auch die alten Väter bewegt hat, diesen Brief aus der Hauptschrift zu werfen. Darüber hinaus ist der Apostel Judas nicht in griechisches Sprachgebiet gekommen, sondern ins Perserland, wie man meint, dass er ja nicht griechisch geschrieben habe. Darum, wenn ich ihn auch preise, ist es doch nicht nötig, den Judasbrief unter die Hauptbücher zu rechnen, die des Glaubens Grund legen sollen.“
Vorrede Luthers zur Offenbarung des Johannes
„An diesem Buch der Offenbarung Johannes lass ich auch jedermann seines Sinnes walten, will niemand an meine Meinung oder Urteil gebunden haben. Ich sage, was ich fühle. Mir mangelt an diesem Buch verschiedenes, so dass ich’s weder für apostolisch noch für prophetisch halte: aufs erste und allermeiste, dass die Apostel nicht mit Gesichten umgehen, sondern mit klaren und dürren Worten weissagen, wie es Petrus, Paulus, Christus im Evangelium auch tun. Denn es gebührt auch dem apostolischen Amt, klar verständlich und ohne Bild oder Gesicht von Christus und seinem Tun zu reden.
Auch gibt es keinen Propheten im Alten Testament, geschweige denn im Neuen, der so ganz durch und durch mit Gesichten und Bildern umgehe, dass ich (sie) bei mir fast dem vierten Buch Esra gleich achte und in allen Dingen nicht spüren kann, dass es von dem heiligen Geist verfasst sei.
Dazu dünkt mich das allzuviel, dass er so streng (in Bezug auf) solch sein eigenes Buch, mehr als irgendein anderes heiliges Buch tut – woran viel mehr gelegen wäre – befiehlt und drohet, wer etwas davon tue, von dem werde Gott auch tun usw. Umgekehrt sollen selig sein, die da halten, was drinne stehet, obwohl doch niemand weiß, was es ist, geschweige, dass er’s halten sollte, und es ebenso viel ist, als hätten wir’s nicht, auch wohl viele edle Bücher vorhanden sind, die zu halten sind.
Es haben auch viele der Väter diese Buch vorzeiten verworfen und wenns auch Hieronymus mit hohen Worten anführt und sagt, es sei über alles Lob und so viel Geheimnisse drinnen wie Wörter, so kann er davon doch nicht beweisen und ist wohl an mehr Orten mit seinem Lob zu freigebig.
Endlich meine davon jedermann, was ihm sein Geist gibt, mein Geist kann sich in das Buch nicht schicken, und ist mir dies Ursache genug, dass ich sein nicht hochachte, dass Christus drinnen weder gelehret noch erkannt wird, welches zu tun ein Apostel doch vor allen Dingen schuldig ist, wie Christus Apg. 1,8 sagt: „Ihr sollt meine Zeugen sein.“ Darum bleibe ich bei den Büchern, die mir Christus hell und rein dargeben.“