Hallo lieber Christian,
hm…wie beginne ich….
Gerade liege ich auf meinem Bett in einer christlichen Rehaeinrichtung.
Es ist das zweite Mal, dass ich in Behandlung bin, seit ich mich 2018 bekehrt habe. Bis dato war ich eher im esoterischen Kreisen zuhause, glaubte an Reinkarnation, an eine liebevolle, schöpferische (durchaus intelligente) Kraft, die ich Gott nannte und zu der alle Menschen trotz ihrer Fehler, Schwächen und Kämpfe im irdischen Leben eines Tages zurückkehren würden.
Der Schock saß unendlich tief, als mir die Augen aufgetan wurden, dass ich okkulten Irrlehren geglaubt hatte, und ich realisierte, dass es diese Folterhölle, von der ich immer annahm, dass es eine Erfindung der katholischen Kirche sei, um Ablass-Gelder einzutreiben, tatsächlich gibt…. dass ich auf dem besten Weg dorthin war….So wie meine gesamte unbekehrte Familie und fast alle Menschen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis.
Nun schaute ich mir unzählige Predigten an, las Bibeltexte, um so schnell wie möglich alle heilsnotwendigen Informationen, die „rettende“ Wahrheit zu bekommen. Daneben recherchierte ich Tag und Nacht in sämtlich verfügbaren Quellen, um irgendwo doch noch etwas zu finden, was meine neu gewonnene (Höllen-) Realität irgendwie widerlegt. Nach einigen Nahtoderfahrungsvideos erlosch sämtliche Hoffnung….
Nun steht geschrieben, das Gottes Wort ist heilsam und das Evangelium hat die Kraft, zu retten, zu befreien, Leben zu spenden, Friede und Freude zu schenken.
Wer die Bibel kennt, weiß allerdings auch, dass es neben diesen wunderschönen „du bist angenommen-Versen, die Christen gerne als Postkarten oder in Kalender-Form verschenken, auch noch die so ganz anderen gibt…..
Texte, die einfach nur grausam und furchtbar sind, die das Potenzial haben bis ins Mark zu verängstigen, mehr noch, vollkommen zu zerstören.
Dazu scheinbar kontroverse Aussagen
„Allein durch Glauben seid ihr gerettet, nicht durch eure Werke“….versus „Wer nicht in mir bleibt ( keine Frucht bringt oder sein Talent vergräbt), wird „fortgeworfen wie eine nutzlose Rebe“ ab in den Feuerofen – gepeinigt Tag und Nacht von Ewigkeit zu Ewigkeit. ABER(!)
Gott liebt dich unbeschreiblich (bedingungslos??!!)und du darfst, kannst, sollst ihm vollkommen vertrauen und dich ihm hingeben.
Es dauerte nach meiner Bekehrung nicht sehr lange bis ich mit einer schweren Depression, Panikattacken und Zwangsgedanken in die Klinik musste.
Mit der Zeit wurde es etwas besser….Ich flüchtete mich in Allversöhnungsansätze und „Vernichtungslehre“, innerhalb derer alle Menschen nach dem Tod erstmal schlafen und Gottlosen nach Verbüßung ihrer Strafe endgültig ausgelöscht werden. Wirklich von ganzem Herzen glauben kann ich es leider bis heute nicht.
Ordentliche Mengen Alkohol taten den Rest.
Viele liebe Mitchristen haben seither für mich gebetet und versucht, mir das Bild eines liebenden Gottes zu vermitteln. Trotzdem fühlte ich mich mit meiner Wahrnehmung und meinen Gefühlen so unglaublich einsam, als ein Sonderling, kleingläubig, zu verkorkst, um, wie die anderen, den Glauben als Halt und Freude zu empfinden.
Irgendwann stieß ich auf ihre Internetseite….
Um das ganze abzukürzen (ich wollte mich eigentlich kurz fassen und befürchte, dass ist mir nicht ganz so gut gelungen)
Ihre Arbeit ist von unglaublich großem Wert!!
Ob es nun legitim ist, Bibeltexte für ungültig zu erklären oder nicht – fernab dieser Fragestellung sprechen Sie kompetent, reflektiert und dialogbereit ein Thema an, dass in vielen christlichen Kreisen tabuisiert wird bzw. mit dem teilweise nur schwer umgegangen werden kann.
Ich musste so oft weinen, weil ich mich endlich verstanden gefühlt habe. Als wären manche Texte eigens nur für mich geschrieben worden.
Das hat mir sehr viel Trost gespendet.
Und auch wenn sich an meinem Grundproblem nicht sehr viel geändert hat, möchte ich mich doch von ganzem ganzem Herzen bei Ihnen bedanken!!
Danke für Ihre Arbeit,
die Zeit, die Sie investier(t)en und dass ich mich verstanden gefühlt haben durfte.
Ganz liebe Grüße