Die Freiheit des Christen
“Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht fest in dieser Freiheit und lasst euch nicht wieder unter das Joch der Knechtschaft zwingen.” (Gal 5,1+2).
„Wenn euch der Sohn Gottes Freiheit schenkt, dann seid ihr wirklich frei.“ (Joh 8,36)
Wer zu Jesus Christus gehört, soll ein freier Mensch sein. Ein wirklich freier Mensch. Ein völlig befreiter Mensch kann tief durchatmen. Ihm ist die Tür zu tiefster Freude aufgeschlossen.
„Ich habe euch das alles gesagt, damit meine Freude in euch bleibe, bis sie zu vollkommener Freude herangereift ist.“ (Joh 15,11)
Soweit der biblische Text. Doch wie sieht es wirklich im Gläubigen aus? Freiheit oder Freiheitspropaganda? Neigt nicht auch der Gläubige dazu, sich über seinen wirklichen Zustand zu wenig Rechenschaft zu geben? So mancher kann sich Gefühle der Unfreiheit und Bedrohung nicht eingestehen, weil er fürchtet, damit dem „Image“ des Christentums zu schaden bzw. als Miesmacher in der Gemeinde schief angesehen zu werden.
Deswegen ist die Förderung einer offenen und ehrlichen Diskussionskultur in der Gemeinde wichtig.
Im Rahmen eines buchstabenorientierten Bibelverständnisses ist die Distanzierung von destruktiven Wirkungen des „tötenden Buchstabens“ (2.Kor 3,6b) nicht selbstverständlich. Hier ist besondere Aufmerksamkeit geboten – einzelne Gläubige können aufgrund ihre seelischen Disposition und Biografie besonders anfällig für eine werkgerechte, freudezehrende Theologie sein.
Kann man einen Mensch „frei“ nennen, der häufig unter seelischer Überforderung leidet, unter schweren Schuldgefühlen, unter der Angst vor Strafe, unter dem Eindruck seiner Bedeutungslosigkeit und Minderwertigkeit? – …
Kann man eine Theologie „christlich“ nennen, die das Leben des Gläubigen mit ähnlichen Nöten belastet? Wenn der Gläubige zu guter Letzt nicht viel mehr bekommen hat als viel Freiheitsrhetorik und Propaganda, dann darf die Frage erlaubt sein, ob die Theologie nicht etwas grundsätzlich missverstanden hat. Es muss erlaubt sein, solchen Missverständnissen auf den Grund zu gehen, auch wenn dazu das angeblich bibeltreue „Schriftverständnis“ auf den Prüfstand gestellt werden muss.
Es ist mehr als erstaunlich, wie wenig nennenswertes Interesse unter „bibeltreuen“ Gläubigen dafür besteht. („Blinder Fleck„)
Eine ehrliche Untersuchung ist nötig – ohne Zensur und Manipulation:
Siehst du dich durch die Bibel gezwungen, gegen das zu handeln, was du nach bestem Wissen und Gewissen als richtig erkennst – ja oder nein?
Die Bibel warnt: IRRTUM. Der Gläubige hat Gewissensfreiheit. Dein Gewissen – selbst wenn es irren sollte – bleibt geschützt (Rö 14, 12-14)
Siehst du dich durch die Bibel motiviert, zu beschönigen, zu übertreiben oder etwas wider besseres Wissen zu behaupten oder zu verbreiten?
Die Bibel warnt: IRRTUM. Reden wider besseres Wissen ist Heuchelei, die alles vergiftet. „Zuerst warne ich euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, nämlich vor ihrer Heuchelei. (Was soll sie eigentlich nützen?) Soviel sie auch verbergen und verheimlichen – es wird eines Tages doch herauskommen. Jeder wird es wissen.“ (Luk 12,1-2) „Lasst das Lügen sein und sagt lieber nur das, was wahr ist.“ (Eph 4,15) „Wollt ihr Gott verteidigen mit Unrecht und Trug für ihn reden? 8 Wollt ihr für ihn Partei ergreifen? Wollt ihr Gottes Sache vertreten? 9 Wird’s euch auch wohlgehen, wenn er euch verhören wird? Meint ihr, dass ihr ihn täuschen werdet, wie man einen Menschen täuscht? 10 Er wird euch hart zurechtweisen, wenn ihr heimlich Partei ergreift. 11 Werdet ihr euch nicht entsetzen, wenn er sich erhebt, und wird sein Schrecken nicht über euch fallen? 12 Was ihr zu bedenken gebt, sind Sprüche aus Asche; eure Bollwerke werden zu Lehmhaufen.“ (Hiob 13,7-12)
Hast du den Eindruck, dass dir die Bibel eine deprimierende Selbsteinschätzung vermitteln will – ja oder nein?
Die Bibel jedoch sagt: IRRTUM. Der Mensch ist als Gegenüber Gottes geschaffen. Gott hat ihn zum Herrn über die Schöpfung (Ps 8,5-6) gemacht. Gott möchte mit ihm eng verbunden sein. (Gal 2,20) und beruft ihn zu königlicher Würde. Der Gläubige ist einem Rohdiamanten vergleichbar, dessen Kostbarkeit erst durch die spätere Bearbeitung zutage tritt. Trotz aller Fehler und Mängel sieht Gott in ihm schon den vervollkommneten Menschen, der er dereinst im Gottesreich sein wird.
Auf dieser Grundlage muss der Gläubige keine Angst mehr haben, die eigenen Mängel und Fehler zu sehen (1.Joh 1,7-9). In ihm wächst in ihm der Wunsch, frei von allen Dingen zu sein, die sein Leben und seine Zeit vergeuden, von allem, was seine Liebe und Dankbarkeit bremst. (Mt 6,33) Wer zu Jesus Christus gehört, muss sich durch Ehrgeiz, Eitelkeit, Habgier und andere destruktive Motive nicht einfangen und verknechten lassen. (1.Tim 6,10)
Hast du den Eindruck, dass Drohung und Einschüchterung das Leben des Gläubigen bestimmen sollen? Musst du dir Gottes Liebe und Anerkennung durch “Erfüllung” des Gesetzes verdienen – ja oder nein?
Die Bibel warnt: IRRTUM (Gal 5,4). Der Gläubige erhält Gottes Gnade ganz und gar geschenkt. (Eph 2,8) Er soll unbelastet durch Schuldgefühle leben (Hebr 9,14 / 10.22) und frei von der Angst vor Strafe (Jes 53,5). Er ist deshalb auch “frei vom Gesetz”, “tot für das Gesetz” (Gal 2,19). Legitime Motive für die Orientierung des Gläubigen an Weisungen der Bibel sind nach der Bibel: Einsicht, Vertrauen und Freude. Der Gläubige bekommt den Wunsch geschenkt, sein Leben durch die Liebe Gottes gestalten zu lassen. (“Heiligung“) Er möchte barmherzig sein (Eph 4,32) und aufrichtig (Eph 4,25) und fair (Mt 7,12) mit seinen Mitmenschen umgehen. Gott hat ihn zum Segensträger berufen. (Gal 3,8). Ein Leben, das anderen zum Segen ist, hat höchsten Wert. Der Heilige Geist lässt ihn mit den Augen Jesu sehen. Er schenkt die Erkenntnis, was wirklich wertvoll ist. Er hilft dem Gläubigen auch, die Angst zu überwinden, die angesichts einer ungewissen Zukunft entstehen kann. (1.Thess 4,13) Der Gläubige darf sich auf eine herrliche Zukunft bei Gott freuen, die ihn alles erlebte Leid vergessen lassen wird. (Rö 8,18)
Wenn du eher negative Eindrücke durch die Bibel empfängst, so ist in der Regel dafür eine Theologie verantwortlich, die den verantwortlichen Gebrauch des Verstandes und die Gewissensfreiheit diffamiert.
Wer Gläubige dazu verführt, sich an Ungereimtheiten und Lügen nicht zu stören, wer sie zu kritikloser Anpassung und gedankenlosem Nachplappern verleitet, vergeht sich an ihrer Würde. Wie soll man dann schädliche Einflüsse, die die Gläubigen bedrohen, erkennen und abwehren? (Apg 20,28-30). Jesus wünschte sich, dass Charakter und Persönlichkeit seiner Gläubigen reifen und sie das Negative überwinden (Mt 5,48).
Diese Freiheit des Gläubigen ist leider keine Selbstverständlichkeit! Wenn die Qualitätsmaßstäbe Jesu bei der Auslegung biblischer Gebote nicht angemessen berücksichtigt werden, so droht das Missverständnis der Werkgerechtigkeit. Entweder wird die bleibende Unvollkommenheit des Gläubigen zu ständig schlechtem Gewissen und zum Verlust von Glaubensfreude und Heilsgewissheit führen oder der Gläubige nimmt den Glauben inhaltlich gar nicht mehr ernst, sondern zweckentfremdet ihn nur noch zum Genuss des religiösen Erlebnisses (Religiosität).