Liebe Schwester Sonja,
Ihre Gedanken zu dem Haus im Himmel, in das Menschen, die Jesus nicht lieben, aber nur die Vorzüge des Hauses genießen wollen, so schlecht passen haben, mir gut gefallen! Ja, das ist wichtig: die, die dem Vorbild Jesu nacheifern wollen, müssen uns um tiefe, aufrichtige Liebe zu Jesus und unseren Mitmenschen bemühen. Dies schließt ein, dass wir gerne Menschen in Not praktisch helfen, indem wir Geld, Zeit oder Arbeit schenken.
Und doch möchte ich einige diskussionswürdige Punkte in Ihrem Mail ansprechen. Sie schreiben „wenn alle Christen den Zehnten geben würde, gäbe es keine Hungersnot auf dieser Welt…“ So schreibt der Autor: „Es gibt weltweit etwa 2 Milliarden Christen. Und es gibt weltweit etwa 1 Milliarde Menschen, die hungern und dursten müssen.“ (Punkt 193 / Abschnitt 4) Eins geteilt durch zwei – so simpel?
Man darf daran zweifeln. Gut situierte Europäer machen zahlenmäßig den geringsten Teil der Christenheit aus. Die Mehrzahl der Christen in Asien und Afrika ist sehr arm. Sie können sich nicht einmal einfache medizinische Versorgung leisten. Bei der Bereitstellung von Nahrung und medizinischer Versorgung in unsicheren Krisengebieten entstehen nicht selten extrem hohe Nebenkosten. In Somalia eigneten sich Clanchefs („Warlords“) die gelieferten Hilfsgüter an. Die Kosten des Versuchs, die Verteilung durch die Friedensmission UNOSOM II militärisch zu sichern, betrugen 1,643 Milliarden US-$. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/United_Nations_Operation_in_Somalia_II ) Noch ein Beispiel: Venezuela. Es besitzt sehr wahrscheinlich die reichsten Erdölvorkommen der Welt. (Quelle: http://www.faz.net/aktuell/finanzen/devisen-rohstoffe/die-groessten-oelreserven-der-welt-venezuela-koennte-das-neue-saudi-arabien-werden-12106542.html ) Dennoch ist dieses Land durch Korruption und Misswirtschaft bettelarm geworden (Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/venezuela-geier-ueber-caracas-1.3461212?reduced=true ) und ein Ende der Not ist nicht absehbar.
Und nun gehe ich noch näher auf den Text von „KEEPFREE“ ein – der theologisch wie sachlich höchst merkwürdig argumentiert. Obwohl der mit Drohungen vollständig eingetriebene „Zehnte“ gerade einmal für einen geringen Bruchteil des angestrebten Zieles ausreichen würde, darf er nach Ansicht des Autors NICHT FÜR DIE BEDÜRFTIGEN eingesetzt werden.
„Bedenke, dass du mit einer Spende von den ersten zehn Prozent deines Einkommens nichts für die Bedürftigen tust, denn dieses Geld gehört Gott. Es ist Geld, das für die Verbreitung seines Wortes (gemäß Jesu Missionsbefehl) eingesetzt werden soll. Wenn du Gutes tun möchtest (was Jesus sowieso letztendlich von dir erwartet), dann nutze dafür das Geld, das Gott dir belässt – nämlich die dir verbleibenden 90 Prozent deines Einkommens. Nutze einen Teil dieses Geldes, um den Bedürftigen zu helfen.“ (Klartext Punkt 94/ Abschnittsnummer unter 25 ). Andernorts wird der Autor dann deutlicher, dass es am besten ist, den Zehnten an ihn selbst zur Berwerbung seiner in grauenhaftem Stil programmierten Webseite zu überweisen. (http://www.jesus-im-klartext.keepfree.de/z-b-206-wem-den-zehnten-anvertrauen.html)
Damit dies leichter fällt, erinnert der Autor daran, was dem Gläubigen übrig bleibt: „Denke bitte selbst nach, was du Gott zu verdanken hast ! Und nun möchtest du (zum Dank dafür)
Gott um seine ersten zehn Prozent deines Einkommens betrügen ? Bedenke: Er belässt dir 90 Prozent !“ (http://www.jesus-im-klartext.keepfree.de / Abschnittsnummer 15).
Was für eine Rechnung! 90 % kann ja nicht übrig bleiben, wenn vom Zehnten nichts für die Bedürftigen gegeben werden darf, in deren Namen hier ein großer Druck auf das Gewissen aufgebaut wird. Was ist nun wichtiger? Die Webseite des Autors zu unterstützen oder Bedürftige? Ist beides gleich wichtig? Dann wären wir also bei einer Pflichtabgabe von 20%.
Ist diese Abgabe nun Pflicht oder nicht? Dazu macht der Autor widersprüchliche, unglaubwürdige Angaben. Einerseits heißt es auf der einen Seite: „“Müssen“ – müssen wir nichts. Alles soll aus Liebe zum Herrn freiwillig und voller Begeisterung geschehen.“ ( http://www.jesus-im-klartext.keepfree.de/erklaerung-zu-094—–mehr-als-10-prozent-geben.html / Abschnittsnummer 1).
Andererseits wird dem Gläubigem massiv gedroht: „Lebe du so, dass du von ganzem Herzen versuchst, alle Gesetze Gottes einzuhalten, und sie in die Tat umzusetzen, damit du dich nicht vorsätzlich versündigst.“ (Nr 165 / Abschnitt 7) „Die versehentlichen Fehltritte werden uns durch den Kreuzestod von Jesus Christus vergeben. Wer aber trotz Buße tun vorsätzlich sündigt, hat vom Herrn keine Gnade zu erwarten. Vorhin erwähnte ich bereits Gottes Zehnten. Wichtig zu wissen ist folgendes: Mit dem Zehnten kann man sich keine Eintrittskarte in Gottes Reich kaufen. Das Geben des Zehnten ist ein Gesetz Gottes – eines von vielen – das wir einhalten sollen. Es kommt niemand in den Himmel, nur weil er tapfer seinen Zehnten gibt – aber es kommt auch derjenige (oder diejenige) nicht in Gottes Reich, der (oder die) sich vorsätzlich weigert, dem Herrn seinen ihm zustehenden Anteil zu geben. Wer Gott seinen ihm zustehenden Zehnten nicht gibt, verstößt vorsätzlich gegen ein Gesetz Gottes – derjenige (oder diejenige) sündigt also mutwillig. Denke immer an die Warnung: „Denn wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, haben wir hinfort (zukünftig) kein andres Opfer mehr für die Sünden (Jesus Opfertod am Kreuz gilt dann nicht mehr), sondern nichts als ein schreckliches Warten auf das (Jüngste) Gericht (in dem Jesus Christus ein gerechter – aber knallharter Richter sein wird) und das gierige Feuer (in der Hölle) …“ (Hebräer 10/26-27) Was nützt es den Menschen, wenn sie Gottes Zehnten unterschlagen, um ein etwas besseres und angenehmeres Leben zu führen, aber Jesus Christus dann am Jüngsten Tag zu ihnen sagt: „Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.“ (Matthäus 25/12)“ (Quelle: ebd.)
Kann das Gewissen des Gläubigen denn wenigstens bei einer Abgabe von 10% + 10 % zur Ruhe komme? Merkt der Autor eigentlich nicht, dass dies dank eines Bibelverses, den er selber zitiert, unmöglich ist? Er schreibt: „Die Nicht-Hilfe für Bedürftige ist Sünde. Wer nun weiß, Gutes zu tun, und tut’s nicht, dem ist’s Sünde.“ (Jakobus 4/17)“ Ende des Zitats (Klartext Punkt 17 / Abschnitt 1)
Wenn das so ist, wieso können dann 20% Abgaben ausreichen, um sich nicht zu versündigen, gar eines Tages „mutwillig“ zu sündigen und am Ende deshalb noch in der Hölle zu landen?
Solange es Notleidende und Kranke auf dieser Welt gibt, ist der Christ nach konsequenter Gesetzes-Logik verpflichtet abzugeben, bis er selbst nur noch das Nötigste an Essen, Kleidung und Obdach besitzt. „Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, so lasset uns daran genügen.“ (1. Tim 6, 8). Da steht es „im Klartext“. Und man kann noch eins drauf setzen: „wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es gewinnen…“ (Luk 9,24) Wenn das so ist – warum reitet der Autor da ständig auf dem Zehnten herum, der vorne und hinten nicht ausreicht?
Dieser Autor, den so viele im Internet lesen, hat es immer noch nicht begriffen: Das Gewissen lässt sich nicht durch gute Werke beruhigen ! Je mehr man tut, desto empfindlicher und fordernder wird es!
Der Weg des Gesetzes hat keine Verheißung (Gal 4). Er sieht sehr fromm aus, aber steht unter einem Fluch! „Denn die, die mit des Gesetzes Werken umgehen, die sind unter dem Fluch. Denn es steht geschrieben: „Verflucht sei jedermann, der NICHT BLEIBT IN ALLEM, was geschrieben steht in dem Buch des Gesetzes, dass er’s tue.“ (Gal 3,10) In ALLEM! Das kann niemand!
Ein Gläubigen, der sich mit seinen Werken beruhigen will, landet über kurz oder lang in der Verzweiflung. „Ihr habt Christus verloren, die ihr durch Erfüllung des Gesetzes gerecht werden wollt.“ (Gal 5,4) In den Psychiatrien sitzen nicht wenige Gläubige, die auf diese Verführung hereingefallen sind und nun an ihrem ständig schlechten Gewissen und dem offenbar endgültigem Verlust ihrer Glaubensfreude verzweifeln, Gläubige, die ihre Arbeitskraft verloren haben und nun, statt helfen zu können, noch den Krankenkassen und Rentenkassen zur Last fallen (Siehe zu den hohen Schäden www.matth2323.de/kostenersparnis/ ) Was ist denn damit gewonnen?
Gesetzlichkeit ist ein Seelengift mit frommer Erscheinungsform. Es ist der „Sauerteig der Schriftexperten“ (Lk 12,1). Ein wenig Sauerteig genügt, um alles zu durchsäuern und zu vergiften (Gal 5,9). Der Autor von KEEPFREE kann so viele Bibelzitate anführen, wie er möchte, so wie er es macht – wird es immer eine schädliche Mischung aus Richtigem und Giftigem sein. Der Name „KEEPFREE“ ist so unpassend wie sonst was.
Deswegen müssen wir uns rechtzeitig und gründlich Gedanken machen über destruktive Missverständnisse, die durch ein buchstabenhöriges Schriftverständnis entstehen können (siehe www.matth2323.de/gift-nr-3/ , www.matth2323.de/gift-nr-4 ) und noch mehr Gedanken über die richtige innere Haltung, die der Gläubige durch den Heiligen Geist erwerben kann, um ein „Christ mit ganzem Herzen“ zu werden, der seinen Vater im Himmel erfreuen will.