Benignus – zu den Bedenken (3)

Lieber H.G. , wie du schreibst, vermisst du hier den Geist Hofackers, der schrieb; wenn ein Mensch die Sünde als ein Kreuz trägt, wenn es ihm leid tut, dass er damit den Heiland betrübt, wenn sie ihm Schmerzen, Leid und bittere Reue verursacht, daran kann man erkennen, ob Christus die Wohnung im Herzen aufgeschlagen und in ihm eine Gestalt gewonnen hat; da führt er sein Regiment in der Seele. Den Geliebten nicht betrüben, sondern erfreuen wollen, ist gewiss die einzig erstrebenswerte wertvolle Herzenseinstellung, wie wir sie ja auch in einer Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau selbstverständlich ist. Doch eine ähnliche Liebesbeziehung zwischen Gott und Mensch ist nicht selbstverständlich. Steht ihr nicht oft sehr viel im Weg? Wie sollen Menschen, die jahrelang wegen relativ geringfügiger Mängel mit der Angst vor der Hölle erpresst und bedroht worden sind, diese Beziehung aufbauen? Es klingt so tröstlich was Hofacker schreibt: „„Wenn ein Sünder auch noch so tief gefallen, wenn er auch ganz zu Boden geschlagen ist, so ist doch das Liebesmeer der Erbarmungen Gottes größer als seine Schuld, immer noch tief genug, um seine Sünde darin zu versenken..“ Wie schön, wenn das wirklich feststünde! Doch insbesondere der Hebräerbrief beispielsweise bestreitet, dass das Liebesmeer der Erbarmungen Gottes für alle Schuld tief genug ist, (für die, die Gott zeitweise verlassen haben, oder im entscheidenden Moment zu wenig geglaubt oder „mutwillig gesündigt“ haben, gilt sie angeblich nicht). Auch die Kirchengeschichte bestätigt diese Sicht. So gab es in der Christenheit einst eine Spaltung über der Frage, ob die Gläubigen, die in der Verfolgung dem Kaiser geopfert hatten, überhaupt noch zur Kirche gehören können. Es gab sogar eine Fraktion, die lehrte, dass Sünde, die nach der Taufe begangen wurden, nicht mehr vergeben werden konnten. Alle  Varianten der giftigen Theologie haben gründlich zu sehr bescheidenen Vorstellungen von der Erbarmungsfähigkeit Gottes  beigetragen. Kein Zweifel, dass Hofacker Gott so erlebte, wie er es beschreibt, aber warum erleben andere Gläubige anderes, sodass gar keine Beziehung, sondern eine frustrierende Haß-Liebe entsteht? Eine stabile Heilstheologie muss am Anfang des Glaubensweges stehen und das ist nicht selbstverständlich. Auch nach 500 jähriger Bedenkzeit ist die Kirche nicht in der Lage gewesen, Luthers Warnung vor dem Hebräerbrief zu übernehmen um wenigstens die schlimmste Verunsicherung einzudämmen. „Mache ein Geländer auf deinem Dach, damit nicht jemand herabstürzt und du Blutschuld auf dich lädst.“ (5Mo 22,8) Wo ist denn hier der Gehorsam? Wenn der Aufbau einer vertrauensvollen, liebvollen Beziehung  so wenig Chancen hat, dann kann man sich eigentlich die ganze Diskussion um die Ethik sparen.

Weiter schreibst du: „Nicht nur ich habe den Eindruck, dass in der Christenheit eine große Naivität über das Böse in Gemeinden, Politik, Medien, Gesellschaft usw. vorherrschend ist.“ und befürchtest  auf dieser Internetseite eine Tendenz der „Verniedlichung der Sünde.“ Das kann ich nur schwer nachvollziehen. Unter dem Menüpunkt „Richtig prüfen“ findet man zahlreiche Beiträge zur sorgfältigen Selbstprüfung sowie auch zur Früherkennung schädlicher Tendenzen in der Gemeinde. Ein großes Kapitel ist der praktischen Bemühung um Frieden mit dem Nächsten gewidmet. Der Beitrag „Zu Gott gehören“ sowie auch die Beiträge zur giftigen Theologie leiten zur Unterscheidung zwischen echter und falscher Heiligung an. Schlussendlich werden die zahlreichen Lügen offen angesprochen, die evangelikale Gemeinden bis zum heutigen Tage nicht richtig stellen. Das ist so schrecklich, dass Jesu dafür auf Golgatha gestorben ist. Doch macht das Reue und Umkehr überflüssig? Hier weiter zu lügen und dann Menschen bedrängen, dass sie sich zu dieser Art Leben bekehren müssten, das ist selten borniert oder dreist.

Was Hofacker zur Kritik an der Bibel schreibt, trifft sicherlich auf viele Menschen, nicht aber auf matth2323 zu: zuletzt meint man, man wollte wohl glauben und sich dazu hergeben, wenn man sich nur an dieser oder jener Sache nicht stoßen müsste, aber das sei eine unüberwindliche Bedenklichkeit. Hinter solchen Bedenklichkeiten ist eine tiefe Lust zur Ungerechtigkeit, eine unmäßige Liebe zur Finsternis verborgen…“ In der Anmerkung Nr 4 des Beitrages „Destruktive Bibelworte“ wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kritik an absurd erscheinenden Bibelstellen überflüssig ist, dass es besser ist, hier kindlichen Glauben zu üben. Der einzige Punkt, wo matth2323 Kritik zulässt, sind Aussagen, die die Heilsgewissheit verunsichern und die Liebe zu Gott massiv stören. Kann man es wirklich seelsorgerlich verantworten, Gefahrenquellen unkommentiert stehen zu lassen? Gehen junge Witwen, die trotz Ehelosigkeitsgelöbnis wieder geheiratet haben, mit unvergebener Schuld in die Ewigkeit (1Tim 5,12)? Leben Wiederverheiratete permanent in der Sünde des Ehebruchs und sind deshalb vom Himmel ausgeschlossen (1.Kor 6,9 / Hebr 13,4)? Warum droht dem Gläubigen, der in einer belanglosen Frage gegen sein Gewissen handelt, der geistliche Tod (Rö 14,15)? Werden Gläubige, die nicht zu völliger Selbstverleugnung bereit sind, ihr geistliches Leben verlieren (Luk 18,24 / Luk 9,24)? Ist der, der nicht alles tut, was er Gutes weiß, durch Sünde von Gott getrennt? (Jak 4,17) Wie gefährlich für das Heil ist das Festhalten an kleinen Vergehen, wenn es selbst der Gerechte nur mit knapper Not in den Himmel schafft? (1Pe 4,18) Wie zuverlässig können hier Mutmaßungen über die göttliche Barmherzigkeit helfen, wenn Gott vor Anbeginn der Welt festgelegt hat, dass nur wenige (Mt 7,14) den Weg zum Heil finden und die ganze übrige Menschheit EWIG für ungezählte Jahrmilliarden in der Hölle gefoltert wird? Hier braucht es Antworten, die unkompliziert, verlässlich und an göttliche Autorität angebunden sind. Ich habe bisher keinen besseren Weg gefunden, als alle Theologie auf diese eine Bibelstelle Matth 23,23 zu gründen. Sie verschafft den Gläubigen die Freiheit einer Qualitätsprüfung, die auch Jesus an der eigenen Person zugelassen hat.(Jo 8,46) Ohne die Freiheit, nach seinem Gewissen zu handeln, gibt es weder Würde noch Liebe in einer Beziehung.

 

Artikel aktualisiert am 31.12.2021

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