Ich bin Fundamentalist und wundere mich, dass es Christen gibt, die eine ewige Folter in der Hölle für möglich halten. Dabei gibt es so viele Bibelstellen, die genau das Gegenteil sagen.
Ich frage euch, was davon wahr ist:
Dass der Retter der Welt tatsächlich die Welt rettet und die Finsternis besiegt, alle Dinge versöhnt, wiederherstellt und neu gemacht werden, sodass Gott alles in allem ist…
Oder
dass Jesus verliert, die Dunkelheit gewinnt, Adams Sünde grösser war, die Liebe versagt und die meisten Menschen ewig gequält werden…. ?
Lieber Bruder N.,
soll ich das wirklich kommentieren? Natürlich hast du recht, falls Gott unserem Sinne „human“ ist, d.h. das unter „Liebe“ versteht, was wir darunter verstehen.
Aber tut er das? Frag doch mal die Künstliche Intelligenz (z.b. Click auf das Farbband im Edge Browser) die ja sehr viele Informationen zu dem Thema „Allversöhnung“ sammelt: Wieviel Prozent der fundamentalistisch denkenden Christen in Deutschland glauben an Allversöhnung? Ich bekam folgende Antwort: es ist nur geringer Teil der fundamentalistischen Christen.
Warum ist das so? Es sind ja nicht nur 2 oder 3 dunkle Stellen in der Bibel, denen man zubilligen könnte, dass sie zwar erschreckend aber schwer verständlich seien und deshalb vernachlässigt werden können. Schlimmer: Unverständliche exzessive Grausamkeit durchzieht die ganze Bibel. Diese Brutalität kulminiert in der Offenbarung, im Braten der Verdammten im Feuersee.
Du tröstest dich damit, dass es ja nicht „für ewig“ ist, dass ein „Äon“ nicht „Ewigkeit“ meint, sondern vielleicht nur 1000, vielleicht nur 100 Jahre dauert.
Absurd! Was ändert das? Mache doch einmal einen einfachen Test: tauche deine Hand in siedend heißes Öl. Nur eine einzige Sekunde lang! Kannst du es gut ertragen? Und dabei noch über dich nachdenken? Wie fühlt sich das an? Dann denke ein bisschen weiter: Wie fühlt es sich 100 Jahre oder auch nur ein überschaubares Jahr im Feuersee an, wo der „Rauch deiner Qual“ unablässig ohne eine einzige Pause aufsteigen wird (Offb 14,11).
Alles im Namen der „Liebe“? Wie immer du es drehst und wendest, es bleibt der Eindruck grenzenloser Brutalität. Daran ändert auch eine mildere Deutung des Begriffes „Äon“ nichts. Schon im Alten Testament sehen wir diese hemmungslose Brutalität: im Abschlachten der Kleinkinder und Babys und aller Frauen, die schon einen Mann hatten… (4Mo 31,14-18) Wären sie noch Jungfrau gewesen, wären sie am Leben geblieben!
Wer wagt es, den Anspruch zu erheben, er könne sich in einen Gott, der solche monströsen Strafen verhängt, einfühlen? Du wagst es. Respekt!? Oder Selbstüberschätzung? Du fühlst dich zum Anwalt Gottes berufen, der Gottes Auffassung von Liebe und Gerechtigkeit zu verteidigen hat.
Greta Thunberg fühlte sich zum Anwalt der Leute in Gaza berufen und segelte mit ihrer Selfie-Yacht nach Gaza. Die Israelis fingen die Yacht ab und boten Greta Thunberg an, sich die Videos der Hamas-Mörder anzuschauen, wie sie Männer, Frauem, Kinder und Babies abschlachteten und dabei jubelten und lachten. Greta Thunberg war dazu nicht bereit. Sie fuhr aber dennoch selbstbewusst nach Hause zurück in der Überzeugung, sich für die Gerechtigkeit eingesetzt zu haben.
Machst du es besser? Man müsste dir eigentlich auch immer wieder solche Videos zeigen, in denen Babys, Kleinkinder und diese Frauen zu Hunderten abgeschlachtet werden, in denen ihr Blut literweise auf den Boden spritzt, in denen sie kreischen und heulen im nackten Entsetzen, wieder und wieder, bis du endlich wenigstens eine Ahnung davon hast, was die „Liebe Gottes“ alles beinhaltet.
Du jedoch bist ein Mensch ohne Phantasie und Vorstellungskraft. Deswegen schockieren dich solche Berichte nicht. Du weigerst dich einfach, dir das Prozedere in deiner Phantasie vorzustellen. Du schaltest deine Vorstellungskraft ab. Du stellst dich taub und blind. All diese Menschen sind ja nach dem Abschlachten sofort im Himmel – hopp – und dort geht es ihnen natürlich blendend…. War deshalb ja alles nur halb so schlimm, peanuts eben.
Es gibt Menschen, deren räumliches Vorstellungsvermögen sehr begrenzt ist. Sollte ein solcher Mensch sich zur Arbeit eines Chirurgen berufen fühlen und anfangen im Körper eines Patienten herumzuschneiden? Gott behüte! Ebenso gibt es Menschen, deren Vorstellungskraft für die Dimension von Leid nur schwach entwickelt ist. Für ernsthafte theologische Arbeit taugen sie nichts. Mit gravierenden Fehleinschätzungen und sinnlosen Verletzungen Betroffener ist zu rechnen.
Du hilfst dir mit Blindheit und Ignoranz, ähnlich wie es Greta Thunberg getan hat. Und auf dieser Grundlage behauptest du, dass du für alle Gläubigen verlässliche Informationen hast über den Charakter Gottes und dass andere sich daran orientieren sollten. Du denkst, weil du gesegnet bist mit Wohlstand, hast du das Recht dazu, mehr als andere. Greta Thunberg ist der Meinung, weil sie wohlhabend und bekannt geworden ist durch ihre „Friday für future“ Idee, dass sie zu einem moralischen Urteil über Israel berechtigt ist.
Ich meine aber: wer sich selber blind macht, hat dieses Recht nicht. Es mag gute Gründe für die Allversöhnungslehre geben – die ich sicherlich am ehesten mit dem Konzept menschlicher, humaner Liebe vereinbar finde, – mag sein.
Aber mit einer fundamentalistischen Position ist diese Sicht unvereinbar. Das bezeugt auch das Votum der Mehrheit der fundamentalistischen Christen in Deutschland gegen die Allversöhnung. Wer am Fundamentalismus festhält und die Allversöhnung verteidigt, kann dies nur tun, indem er seine Phantasie gänzlich abschaltet, schlimme Fakten bagatellisiert, verharmlost und gegebenenfalls wider besseres Wissen redet. Da du dich dank deiner materiellen Segnungen dazu berufen siehst, wirst du die Schallplatte der Allversöhnung immer weiter abspielen, ohne jemals zu bemerken, dass dein Konzept auf notorischer Verdrängung beruht. Du wünscht es dir, also ist es so?
Tatsache ist: Der Charakter eines Gottes, so wie ihn der Buchstabe der Bibel schildert, ist gänzlich unberechenbar. Wie soll man auf dieser Basis zuverlässige Antworten finden? Warum ist es so schwer, dem Heiligen Geist zu vertrauen, der vertrauenswürdige Texte in der Bibel, die der Liebe entsprechen, beglaubigen kann? Warum hat dieser Geist so wenig, und der Buchstabe so viel Gewicht? Fundamentalismus ist unmündige und blinde Servilität gegenüber dem Buchstaben, mehr nicht. Es ist immer wieder ein „Glaube“ wider besseres Wissen. Christen, die das praktizieren, zerstören sich und anderen das Urteilsvermögen. Das ist mehr als traurig und hat für manchen Lebensweg fatale Auswirkungen gehabt. Das solltest du einmal bedenken.
Gottes Barmherzigkeit ist auf jeden Fall ein Vielfaches größer als die Barmherzigkeit eines Menschen. Und die Meinung der Mehrheit der Christen ist keine Garantie für die Wahrheit.
Die Mehrheit der fundamentalistischen Christen hat große Probleme mit der Allversöhnung. Zu Recht sagst du, die Wahrheit ist nicht automatisch bei der Mehrheit. Stimmt. Aber das Argument hat hier kein Gewicht. Denn fundamentalistische Christen stellen eine sehr enge Vorauswahl dar, weil bei ihnen Gewicht auf genaues Bibelstudium als verbindliche Glaubensoffenbarung gelegt wird und man größtes Interesse an zuverlässiger Heilsgewissheit hat. So darf man davon ausgehen, dass die Theorie der Heilsgewissheit in diesen Kreisen sehr genau geprüft wird. Leichtfertig wird dort die Allversöhnung ganz gewiss nicht abgelehnt. Das sorgfältige Studium der Bibel führt bei der Mehrheit der Christen leider nicht zu einer klaren Erkenntnis, so wenig wie bei mir, eher zu einer vagen Hoffnung, es werde vielleicht doch nicht so schlimm für Nichtchristen werden. Es gibt eben zu viele widersprüchliche Aussagen in der Bibel zum Heil, die auch an der Liebe Gottes zweifeln lassen. Ich werde mir hier nicht wegen deiner Neigung dir die Fakten schönzureden, die Finger wund tippen. All die glaubensstörenden Aussagen habe ich in dem Essay „Bibelwahrheit – Bibelwahn“ sehr detailliert geschildert, der erkennen lässt, warum so viele Christen sich nicht mit der Hoffnung auf Allversöhnung beruhigen können.