Das habe ich in einer Pfingstgemeinde wirklich erlebt. Der Prediger auf der Kanzel bat alle Kinder den Gottesdienstraum zu verlassen. Dann sagte er: „der heilige Geist wird gleich unmittelbar durch mich zu euch sprechen. Nicht ich werde etwas sagen, sondern der heilige Geist selbst wird mir seine eigenen Worte auf die Zunge legen. Deswegen müsst ihr genau zuhören. Und ihr müsste aufpassen, dass ihr nichts sagt gegen das, was der Heilige Geist durch mich zu euch sagt. Ihr könnt nur zuhören und gehorchen. Ich kann vor Kritik nur dringend warnen. Ihr wisst, was die Heilige Schrift sagt: wer auch nur ein Wort sagt gegen den Heiligen Geist, dem wird es niemals vergeben, weder in dieser Welt noch in der nächsten. Er ist einer ewigen Sünde schuldig. Das heißt konkret, wer etwas sagt gegen das, was gleich der Heilige Geist durch mich sagt, der kommt unfehlbar in die Hölle, und niemand kann ihm mehr helfen…“
Man braucht keine Phantasie um sich vorzustellen, welche monströsen und tiefen Ängste durch solche Reden entstehen können. Die Angst, den Heiligen Geist gelästert und damit eine unvergebbare Sünde begangen zu haben und nunmehr unwiderruflich der ewigen Verdamnis verfallen zu sein (Mt 12,36), ist wahrscheinlich eine der grausamsten menschlichen Angsterfahrungen – nicht nur wegen ihrer kaum noch zu steigendernden Intensität, sondern auch wegen ihrer möglicherweise jahrzehntelangen Dauer – sofern sie nicht zu einem gesundheitlichen Zusammenbruch und frühem Tod führt wie es etlichen der Betroffenen schon geschehen ist.
Die Warnung des selbstbewussten Predigers war natürlich eine Lüge. Denn die Heilige Schrift selbst sagt das Gegenteil: selbstverständlich darf auch Weissagung, d.h. inspirierte mündliche Botschaft von Brüdern diskutiert und bewertet werden. (1.Kor 14,29) Denn welche Garantie gibt es dafür, dass eine Eingebung nicht durch eigenes menschliches Denken verfälscht wurde?
Wie sind nun die Worte des Predigers zu beurteilen? Sie sind äußerst unbarmherzig und setzen manchen Hörer dem Risiko einer schweren seelischen Erkrankung aus. Gilt da nicht das Bibelwort: „es wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der mit anderen unbarmherzig umgegangen ist“ ? (Jak 2,12) Wenn wir eine Parallele zu diesem Auftritt in der Bibel suchen, so fällt uns die Geschichte von Mose ein, der mit dem Stab den Felsen schlug und dem Volk sagte: „Gott und ich werden euch Wasser geben aus dem Felsen…“ Mit den Worten „Wir, Gott und ich“ stellte Mose sich auf dieselbe Stufe wie Gott. Eine große Dummheit! Die Folge war, dass er das verheißene Land nicht betreten durfte. (Num 20,10) Anmaßendes Reden ist ungesund und vertreibt die Gnade. „Gott widersteht den Hochmütigen – aber den Demütigen schenkt er seine Gnade.“ (Jak 4,6).
Wenigstens dies müsste die Gemeinde dem Prediger vorhalten. Noch sinnvoller wäre es, ihm sofort die Erlaubnis zum Predigen zu entziehen.
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