(Eine Antwort auf den Kommentar von Andrea)
Liebe Andrea,
danke, dass Du den Mut hast, uns so offen über die Not mit dem Thema „ewige Verdammnis“ zu schreiben. Ich freue mich sehr darüber. Dein Brief bringt die Situation wunderbar klar auf den Punkt. (Vgl. einmal mit „Psychologie der Hölle„)
Viele Christen fühlen und denken ganz ähnlich wie Du, aber leider …. werden sie es niemals zugeben. Man hat ihnen beigebracht, dass der Gläubige allem „freudig zustimmen muss“, was in der Bibel steht. Das muss er, weil er sonst Gott nicht vertraut und ungehorsam ist und dann selbst mit einem Bein in der Hölle steht. Man trifft sogar auf Christen, die mit strahlendem Gesicht erzählen, dass sie „nichts“ in der Bibel stört, überhaupt nichts, und da denkt mancher, er sei eben „selber schuld“, wenn er noch daran verzweifelt. Wenn er nicht strahlt, sondern Angst hat, so liegt es eben daran, dass er „noch nicht geistlich und heilig genug ist“, um damit voll und ganz zufrieden zu sein.
Jesus ist aber gerade der Heiland all derer geworden, die noch nicht heilig genug sind. Also sollten eigentlich alle ehrlich sagen dürften, was ihnen auf der Seele drückt. Ich wäre froh, wenn einmal alle, die so fühlen, dieses Recht in Anspruch nähmen, so wie Du es tust, und sich nicht damit abfinden, ihr restliches Leben einen Rucksack voll heimlicher Angst herumzuschleppen.
Wenn alle Mitchristen, die solche Ängste haben, die Möglichkeit nutzen würden, einmal offen darüber zu reden, dann würde eine bestimmte Art „bibelgläubiger“ Theologie sich vielleicht einmal diesem Problem ehrlich stellen. In vielen evangelikalen Gemeinden wird nämlich offiziell bestritten, dass Gläubige auf diese Weise kaputtgehen können. Hilfreich ist das nicht!
Ich kann in der ganzen Bibel nicht finden, dass Jesus jemals entrüstet auf den Wunsch nach Ehrlichkeit reagiert hätte. Er freut sich darüber. Genauso wie über Barmherzigkeit und Gerechtigkeitsliebe, die er zu den wichtigsten Geboten erklärt hat. (Mt 23,23). Das Vertrauen zu Jesus beruht auf der Tatsache, dass er vertrauenswürdig ist, und seine Maßstäbe, die uns im Vertrauen auf Ihn bestärkt haben, ihre Gültigkeit behalten und nicht willkürlich aufgehoben werden. Wer eine liebevolle, von Vertrauen geprägte Beziehung aufbauen will, weiß eines ganz genau , dass Ehrlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und liebenswerte Charaktereigenschaften der beste Garant für die Stabilität der Beziehung ist.
Umgekehrt wird charakterlich wankelmütiges Verhalten, Inkonsenquenz und Willkür, vermeidbare Brutalität, kurz eine Art „Mr Jekyll and Dr Hyde“ – Existenz prinzipiell eine sehr wacklige Basis für eine liebevolle Beziehung sein. Überrascht das?
Tatsache ist: es gibt einige erschreckende Aussagen in der Bibel. Da Gott durch die Bibel in einmaliger Weise zu Menschen spricht, da sie die Grundlage und Urkunde unseres Glaubens geworden ist, liegt die Befürchtung nahe, der Gläubige würde sich – wenn er sich von solchen Aussagen distanzieren möchte – in Gegensatz, ja in Feindschaft zu Gott begeben, quasi dieselbe Position einnehmen, die sich einst die Schlange im Paradies anmaßte, als sie fragte: „Sollte Gott gesagt haben ?“
So könnte man denken, … wenn sich nicht die Bibel selbst gelegentlich kritisieren würde. Wisst ihr nicht, wessen Geistes Kinder ihr seid? sagte Jesus den Jüngern, als sie ähnlich wie Elia Feuer vom Himmel fallen lassen wollten. (Lk 9,55) Mose hat euch geboten – Ich aber sage euch… (Mt 5) Dem Heiligen Geist und den Aposteln „gefiel es“, das für ewige Zeiten gegebene Kultgesetz bis auf vier Ausnahmen kurzerhand aufzuheben. (Apg 15, 28-29) Warum haben sie damit das Richtige getan und nicht das Falsche, wie die Schlange im Paradies?
Auch heute braucht der Gläubige offenbar diese Freiheit. Er hat die Möglichkeit, Bibelworte in das Licht der Maßstäbe Jesu zu stellen, ihren Rang zuverlässig festzustellen und sie ggf. nicht in der eigenen Autorität, aber in der Autorität dieser Maßstäbe zu kritisieren.
Gewisse Theologen haben bereits mit diesem einfachen Gedanken größte Probleme, wenn sie sich von vornherein darauf festgelegt haben, dass jedes Bibelwort wie einstmals „das Gesetz der Perser und der Meder“ (Dan 6,8) im finalen endgültigen Lehrsatzstil geschrieben worden ist.
Das eben ist die Frage. Wie leicht nachzuweisen, ist der finale Lehrsatzstil einer unter mehreren anderen biblischen Stilmitteln. Gerade über die Weissagung, d.h. über die mündliche Inspiration lesen wir, dass „zwei oder drei Brüder sprechen sollten, die anderen aber sollten das Gesagte beurteilen.“ (1.Kor 14,29) Dies zeigt uns, dass die Übertragung von Information aus der unsichtbaren in die sichtbare Welt in irgendeiner Weise schwierig war. Paulus redet von „unaussprechlichen Worten“ (2.Kor 12,4). Er sah reale Dinge, aber es schien ihm unmöglich, es so zu formulieren, dass es nicht missverstanden wurde. Deswegen sollte auf den Vortrag des Geschauten noch eine Beurteilung durch die Gemeinde folgen, um es in den Kontext der Maßstäbe Christi einzuordnen.
Manches ist im „Erweiterungsstil“ geschrieben: „Andererseits wäre zu bedenken…“ Schrieb Paulus: „der Gläubige wird gerettet durch Glauben aus Gnade, nicht aufgrund von Werken, sodass sich niemand rühmen kann…“ (1.Eph 1 8-9) so sah Jakobus Gläubige vor sich, die darin die Erlaubnis zu hemmungslosem Egoismus sahen und ergänzte: „der Glaube ohne Werke ist tot.“ (Jak 2,26)
Luther hat beides als endgültige Aussagen (finaler Lehrsatzstil) verstanden, was ihn zu dem voreiligen Schluss führte, dass sich beide Aussagen widersprachen und dass deshalb eine von beiden falsch sein musste. Luther folgerte, dass der Jakobusbrief zwar eine wertvolle Schrift sei, aber an die Autorität der apostolischen Schriften nicht heranreiche: „Den Brief des Jakobus, obwohl er von den Alten verworfen ist, lobe ich und halte ihn doch für gut, und zwar deshalb, weil er gar keine Menschenlehre aufstellt und Gottes Gesetz eifrig treibt. Aber, auf dass ich meine Meinung darüber begründe, jedoch ohne irgend jemands Nachteil: ich erachte ihn für keines Apostels Schrift. Und dies ist meine Ursache dafür: Aufs erste, dass er stracks wider Paulus und alle andere Schrift den Werken die Rechtfertigung zuschreibt und sagt, Abraham sei aus seinen Werken gerechtfertigt worden, da er seinen Sohn opferte, obwohl doch Paulus Röm. 4 entgegengesetzt lehret, dass Abraham ohne Werke, ehe er denn seinen Sohn opferte, gerechtfertigt worden sei, allein durch seinen Glauben, und das mir 1. Mose 15,6 beweist.“
Viele bibelgläubige Christen heute werden Luther und seiner rabiaten Methode nicht folgen können – sie fühlen sich durch die Herabstufung ganzer Bibelteile aufgrund einer möglichen Fehlerhaftigkeit stark verunsichert.
Aber Widersprüche stehen lassen und schizophrene Glaubensinhalte im Denken dulden (wie es etliche „Theologen“ leichtfertig vom Gläubigen verlangen), ist auch keine Alternative. Schizophrenes Zeug wird immer den Eindruck von Unehrlichkeit, Unzuverlässigkeit, und auch mangelndem Interesse hinterlassen. Die Klärung der Frage, wie Gottes Charakter ist, ob verlässlich, durch und durch liebevoll oder zweideutig lässt dich nicht auf später verschieben. Die Liebe muss jetzt die Zeit nutzen, um zu wachsen und stark zu werden – sie hat vielleicht morgen keine Zeit mehr dazu. Gesunder Glaube, Glaubensfreude braucht hier und heute verlässliche Antworten in allen praktisch relevanten Fragen.
Die Konflikte zwischen vielen Aussagen lassen sich recht gut entschärfen, wenn man die leicht zu widerlegende Annahme fallen lässt, dass alles in der Bibel im finalen, endgültigen Lehrsatz-Stil geschrieben sein muss. Solche globalen theologischen Aussagen wie „alles ist endgültiger Lehrsatz“ werden nicht etwa durch genaue Beobachtung der Befunde gewonnen – es ist genau umgekehrt. Sie werden aufgestellt als Gegengewicht zu einem Defizit an Sicherheitsgefühlen und führen dann zu einer sehr oberflächlichen und fragwürdigen Schriftbetrachtung. Man tappt damit in eine selbst aufgestellte Falle. Alle Beobachtungen, die der vermeintlichen Endgültigkeit widersprechen, werden als Angriff auf die emotionale Sicherheit gesehen und deshalb nicht zur Kenntnis genommen. Ein Eigentor! Partielle Blindheit ist nun einmal keine Erkenntnisquelle.
Die Folge ist, dass Theologen sich mit diesem ideologischen Denkansatz einer ehrlichen Diskussion über die Fragen, die Dich, mich und andere schon lange Zeit gequält haben, nicht stellen können. Bestenfalls werden sie ihre Sichtweise noch einmal als das Non-Plus-Ultra skizzieren, um dann den Kontakt abzubrechen, sobald in der Diskussion die Dürftigkeit ihrer Argumente offensichtlich wird.
Für manche Gläubige, die sich schon lange Zeit gequält haben, wirkt sich das konkret so aus, dass sie irgendwann jede Hoffnung aufgeben, und den Glauben dann als etwas überwiegend Destruktives wegwerfen, der ja in ihrer Erfahrung nicht mehr eine religiöse Gehirnwäsche ist. Nicht nur der Auftrag zu bekehren ist das Problem – sondern auch die Not der „Ent-kehrung“, der Rückbekehrung zur Welt dank übler Erfahrungen mit der Gemeindetheologie. Wie viele haben diesen Ausweg gewählt, weil sie mit ihrer seelischen Not alleingelassen wurden! Diese Leute sind nach Auffassung vieler Bibelgläubige immer selber schuld – mag die Theologie auch noch so pervers gewesen sein.
Unsere Webseite hat sich deshalb zur Veröffentlichung auch abweichender, scharf kritisierender Kommentare verpflichtet. Damit orientieren wir uns an Paulus, der es noch als Qualitätsmerkmal seines Dienstes betrachtete, jederzeit zu ehrlicher Rechenschaft bereit zu sein. (2.Kor 4,2)
Nun fragst Du, ob Gott nicht auch liebe, wertvolle Menschen in den Himmel aufnehmen wird, die ein gutes Leben geführt haben, aber – aus nachvollziehbaren Gründen – nicht an Jesus glauben ?
Zunächst einmal stelle ich mir die Frage: was sagt die Schrift selbst? Habe ich sie genau genug gelesen? Wie Du richtig feststellst, ergeht in der Bergpredigt eine allgemeine Verheißung: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“ (Mt 5) Barmherzigkeit ist Jesus ungeheuer wichtig.
In der Nazizeit geschah es, dass „Ungläubige“ unter Lebensgefahr Juden versteckt haben, während der bekehrte fromme Mülheimer Verband in der Nazizeit sich offiziell hinter Hitler gestellt und ihn mit Mose verglichen hat, der das erwählte Volk, Deutschland, aus dem fremdrassigen Judentum herausgeführt hat. (Quelle: Junghardt, Adelheid, et.al., Ruhrfeuer. Erweckung in Mülheim an der Ruhr 1905. 1905 – 2005 Christus-Gemeinde Mülheim, Eine Chronik über die 100-jährige Geschichte der ersten Gemeinde des Mülheimer Verbandes, 2004, hrsg. von der Christus-Gemeinde Mülheim, Uhlandstr.25, 45468 Mülheim an der Ruhr, Seite 146.)
Dietrich Bonhoeffer, ein Mann, der es sich mit Glaubensfragen gewiss nicht leicht machte und für seine Überzeugung in den Tod ging, sagte, dass er eher Hoffnung habe für diese „Ungläubigen“, dass sie errettet werden, als für die rechtgläubig Bekehrten, die das Recht mit Füßen traten. Darf er diese Hoffnung haben, oder ist der Eintritt der Mülheimer Heuchler, die „glaubten und getauft waren“, in den Himmel selbstverständlich?
Was sagt die Schrift dazu? Sagt sie nichts? Mt 25 scheint eine Antwort zu geben: „Kommt ihr Gerechten, denn … ihr habt euch bekehrt, geglaubt und seid getauft worden? Das alles steht dort nicht. Dort steht: „ihr habt dem Geringsten geholfen, und damit mir!“ In Mt 25 scheint Jesus eine Antwort auf deine Frage zu geben, ganze Völker werden in das Reich Gottes eingelassen, weil sie mit ihrem Nächsten barmherzig umgegangen sind. Ist es Schriftwort oder nicht? Ich muss es so stehen lassen. Logisch bringe ich es nur schwer mit dem Aufruf, „zu glauben und sich taufen zu lassen“, zusammen. Beide Aspekte sind wichtig. Ich versuche beiden Aspekten gerecht zu werden.
Das führt mich zu der Frage, warum ist ein Glaubensbekenntnis so wichtig? Ich habe mir die Frage bisher noch nicht zufriedenstellend beantworten können. Ich denke aber, dass das Mülheimer Beispiel zeigt, dass ein Glaubensbekenntnis nicht das hinreichende Kriterium für die Errettung sein kann. Das Glaubensbekenntnis hat offenbar keinen so hohen Rang wie das Gebot der mitfühlenden Liebe und Ehrlichkeit.
Was ist ein Glaubensbekenntnis anderes als ein Lippenbekenntnis – gerade dann wenn der soziale Druck in der Gemeinschaft zu einem Bekenntnis groß ist? Ich hatte mit Christen zu tun, die sich als „bekehrt“ betrachteten, aber gar kein Problem damit hatten, einen Bruder finanziell übers Ohr zuhauen. Wenn man jemand lehrt, dass er nur ein „Übergabegebet“ zu sprechen braucht, um sich gegen eine eventuelle Gefahr, nach dem Tod in die Hölle zu kommen, abzusichern, warum sollte er das nicht tun? Auf Kinderfreizeiten kann man auch diese Weise viele „Bekehrungen“ ernten. Ist damit wirklich etwas gewonnen?
Als Jesus auf Erden wirkte, hatten die Menschen eine einzigartige Möglichkeit, seinen Charakter kennenzulernen. Man konnte sich an Ihm mit guten Gewissen orientieren. Jesus spaltete seine Hörer in die Lager der Freunde und der Feinde. Wer sich zu Jesus bekannte, schützte sich damit vor der Gefahr, aus Angst vor Feindschaft die Seiten zu wechseln. Das Bekenntnis informierte zugleich darüber, dass es eine glaubwürdige, befreiende Alternative zur pharisäischen Gesetzesfrömmigkeit gab.
Einleuchtend wäre das Glaubensbekenntnis auch als Hilfe zur Vergewisserung. So wie ein Römer bloß zu sagen brauchte „Romanus sum“ (Ich bin ein Römer), um den Schutz in Anspruch zu nehmen, den das Imperium jedem Inhaber des Bürgerrechts garantierte, so hatte auch jeder Christ das Recht, sich auf den Schutzbund mit Christus zu berufen, um allen Einschüchterungen und Bedrohungen zu widerstehen.
In diesem Kontext macht der Aufruf zur Bekehrung durchaus Sinn. Was könnte Jesus sonst gemeint haben? Hat es Luther gut getroffen, wenn er sagt, dass Bekehrung etwas sei, was der Gläubige täglich tun müsse? Wer nach Barmherzigkeit und Liebe strebt, erkennt die ständige Versuchung zur Unbarmherzigkeit und Lieblosigkeit in seinem Leben und die Gefahr der Selbstzufriedenheit und Selbstgerechtigkeit und sollte deshalb bereit sein, sich immer wieder in Frage zu stellen. Das ist eine gute Eigenschaft, die auch unter Christen nicht selbstverständlich ist und für die man auch guten Gewissens werben kann.
Eins ist und bleibt wahr: Nur durch Jesus können wir erkennen, WIE Gott tatsächlich ist: „wir sahen seine Herrlichkeit, die wir als die Herrlichkeit des einzigen Sohnes Gottes erkannten: voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14) Wenn wir Jesus anschauen, dürfen wir gewiss sein, die genaueste, verlässlichste Information über Gott zu bekommen: wir müssen nicht mehr vermuten und hoffen, sondern dürfen Gewissheit haben. Jeder Gläubige, der sich an Jesus bindet, darf ganz gewiss sein, dass er das Leben hat: „wer dem Sohn vertraut, der hat das ewige Leben“ (Joh 3,36) Wer ihm nicht vertraut, der hat nicht die Gewissheit erlangt, die er haben könnte. Er wird nicht die Früchte ernten können, die aus einer vertrauensvollen Beziehung zu Jesus erwachsen. So sehe ich den Vertrauensschritt zu Jesus, als lang ersehnte einzigartige Chance, zur vollen Gewissheit zu gelangen. Schrecklich, dass eine auf den „tödlichen Buchstaben“ fixierte Theologie (2.Kor 3,17) daraus genau das Gegenteil gemacht hat: wer nicht rechtzeitig ein absicherndes Übergabegebet gesprochen hat, der darf der ewigen Folter in der Hölle „gewiss“ sein. Tatsächlich? Wie wird sich dann wohl der Gläubige zeitlebens quälen, wenn er an Menschen denkt, die ihm am Herzen liegen und die die Notwendigkeit dieser Aktion nicht einsehen! Für ihn beginnt die Hölle doch schon hier! Oft wird unter diesem Eindruck von der Freude über die Barmherzigkeit Jesu nicht viel übrigbleiben.
Du schreibst, dass Du Deine Freundin nicht mit gutem Gewissen zur Bekehrung auffordern könntest, dass Du Dir dabei eher wie ein „respektloser Vertreter“ vorkommen würdest. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Was hat das mit Liebe zu tun, wenn man sich mit einer Bekehrungsformel absichern muss, um nicht ewig gefoltert zu werden? Auch bist Du ja selbst bekehrt, und trotzdem fühlest Du Dich kein bisschen sicherer. Du hast Angst und leidest unter Unfreiheit und dem Gefühl, von Gott abgelehnt zu werden. Das alles ist so unglaubwürdig, dass das Ergebnis eines Bekehrungsversuchs vorhersehbar ist. Viele Gläubige lösen das Problem, indem sie gar keine Freundschaften außerhalb der Gemeinde pflegen. Ist das aber der Sinn der Sache?
Tatsache ist, dass der Gläubige sich seines Glaubens freuen soll. Dir ist so wichtig, was Jesus wichtig war, mitfühlende Liebe, und dennoch schreibst Du von monströsen Ängsten, die Dein Leben zerfressen. Wie unfair das ist! Das alles kenne ich gut.
Es sind typische Indizien für eine Vergiftung durch Theologie. Viele Missverständnisse beim Thema „Hölle“ entstehen allein durch die Annahme eines finalen Lehrsatzstils oder durch ideologische Denkverbote. Aber auch werkgerechte Missverständnisse, wie sie unter „www.matth2323.de/giftige-theologie“ korrigiert werden, können chronische Ängste auslösen. Wir haben uns im Artikel „Hölle“ um ein Verständnis der biblischen Aussagen bemüht, das die indiskutable Priorität der Maßstäbe Jesu und die Glaubwürdigkeit der Heilsaussagen unterstützt. Auch unter dem Menüpunkt „Heilsgewissheit“ sind hilfreiche Informationen zu finden.
Wenn du möchtest, teile uns mit, was Dich wirklich überzeugt und wo Du Schwächen in der Argumentation siehst. Wir sind dankbar für kritische Rückmeldungen, die uns die Chance zu gründlicherer Arbeit geben.
Ich hoffe, dass Du bald wieder zur Freude Deines Glaubens zurückfindest. Lass Dir diese Freude nicht kaputtmachen. Jesus ist gekommen, um uns frei zu machen – wirklich frei. Ich habe neulich unter youtube das Zeugnis von Nick Vujicic gesehen, einem Mann, der ohne Arme und Beine geboren wurde und der die Kraft der Liebe Jesu in seinem Leben bezeugt. Als ich seine Worte hörte, habe ich wieder einmal gesehen, es gibt nichts, was uns so überzeugen und bewegen kann wie die Tiefe der Liebe Jesu.
LG Christian
P.S. Ich habe meinen Brief wieder auf das „Du“ umgestellt – das freundlicher und vertrauter klingt. Du hast uns ja auch so freundlich und persönlich geschrieben. Ich weiß manchmal nicht, was richtig ist. Das „Sie“ ist zwar höflich, aber klingt auch immer sehr distanziert. In dieser Weise wollte ich eigentlich nicht antworten. Ich hoffe das ist o.k. für dich. Du bist doch von derselben Not betroffen, hast gute, liebenswerte Gedanken und bist unsere Schwester im Glauben.
Hallo Andrea, hallo Christian,
ich danke Euch beiden für die ehrliche Anfrage und die ehrliche Antwort. Das tut so gut: „Selig sind, die da Leid tragen… Selig sind die Barmherzigen…
Es dűrfte einen guten Grund dafür geben, warum das Predigen Jesu ausgerechnet mit den Seligpreisungen anfängt. Und ich danke Gott, dass er mir bei meiner Suchanfrage heute soviel Geduld gab, bis ich diesen Dialog fand. Ich „schlage“ mich gerade mit einem ev. luth. Pfarrer im Internet herum, der eben diese furchtbare theologische Aussage vertritt, neben einigen anderen Aussagen oder, vielleicht besser, Auslegungen, bei denen ich űber eine Art von Unnbarmherzigkeit beim Lesen gestolpert bin, so dass ich ihn daraufhin per Mail kontaktierte. Weil ich nun auch nicht gerade eine Vertreterin des Liberalismus in der Lehre bin, hielt er mich für eine Verbűndete – bis gestern, als ich die Aussagen űber ewige Verdammnis infrage stellte. Denn meine Schlussfolgerungen dazu waren die gleichen wie bei Dir, Andrea. Dabei bin ich eine alte Christin, die an Jesus ihr Herz gehängt hat (das mit Gott dem Vater hat seeehr lange gedauert). Jedenfalls nochmal vielen Dank für Euren Mut und für die seelsorgerische Weisheit. So kann auch ich getröstet in den kommenden Sonntag gehen.
Herzlich Beate