Ein Brief an die Christenheit (Essay) Begonnen am 10.04.2021 – I. Teil
Vorbemerkung: Zu meinem Essay zur Einheit der Christenheit vom 16.10.2020 erhielt ich die Kritik der mangelnden Gliederung und Komplexität bzw. Unübersichtlichkeit meiner Aussagen. Ich verwies in einer Antwort auf 2. Ptr. 3,16 Satz 2; für mein Verständnis ist ein Essay formfrei und dient dem Zweck der Darlegung „schwebender Gedanken“ – es erhebt keinen Anspruch der Wissenschaftlichkeit.
Motiv: Hinweis auf Mängel und Lücken besonders in der westlichen Christenheit bzw. denWohlstandsländern, ohne dabei zu Trennungen und Spaltungen beitragen zu wollen (Tadel dazu u.a. in Röm.16,17 und Judas 19). Das möchte ich nicht tun, sondern einfach nur auf mögliche Missstände aufmerksam machen. Dass ich als Antwort auch Kritik und Tadel bekomme, ist unvermeidlich. Wenn denn überhaupt jemand antwortet, denn meist wird nur reagiert, wenn man glaubt, einer bedeutenderen Persönlichkeit – hier im christlichen Spektrum – gegenüber zu stehen. Das Bewusstsein von möglichen Missständen soll zum Gebet vor dem HERRN führen und ihn in Demut fragen, was ich selbst auch tue. Entfliehen wir doch alle den Zuständen der Gemeinden von Sardes und Laodizea (Offb. 3,1-6 sowie 3,14-22) !
Ich werde mich trotz der Vorbemerkung um eine Gliederung bemühen. Bibelzitate sind aus der Schlachter-Übersetzung.
1. Zur Kritik von Liu Zhenying, genannt Bruder Yun, einem der Leiter der chinesischen Hauskirchenbewegung, an der Christenheit in den westlichen Wohlstandsländern: Enthalten in den Büchern „Heavenly Man“ und „Bruder Yun: Christus hat uns doch befreit !“ – Vieles, was Bruder Yun (für mein Dafürhalten ein echter Bruder, kein falscher Prophet, die Verleumdungskampagne gegen ihn ist mir inhaltlich bekannt, womit ich aussage, dass ich Bruder Yun als ein Werkzeug Gottes ansehe) uns allen in den westlichen Gemeinden vorhält, halte ich für zutreffend. Wir schlafen, werden vom Geist Gottes nicht wirklich getrieben. Wir bedürfen erneuter Erweckungen. Ein enger Freund von mir betet seit Jahren darum.
Als ich von den Wunderberichten aus China las, verspürte ich eine gewisse Neigung, diesen keinen Glauben zu schenken. Ein Pastor aus Halle schrieb mir dazu, dass wir auf das Wort Gottes schauen sollen, nicht auf unsere Erfahrungen. Später dachte ich mir dazu, wozu dann Jesu Worte in Joh. 10,38 und 14,11 ?
Wollen wir diesen Berichten deshalb nicht glauben, weil keine Weißen diese an sich erfahren haben ? Wollen wir ihnen deshalb nicht glauben, weil wir diese nicht bei uns selbst erleben ? Denn es sind ja die gleichen Wunder wie zur Zeit Jesu Christi bzw. seiner Apostel. Empfinden wir Neid ? Oder denken wir, das seien Wunder Satans, vor denen ja auch der HERR warnt, z.B. in Mt. 24,24. Trifft diese Aussage nun auf Bruder Yun bzw. die Hauskirchenbewegung (Back to Jerusalem, es gibt eine entsprechende Webseite) zu ? Wenn ja, dann sollen die hervortreten, die davon überzeugt sind und es begründen ! Ich vermag mich derzeit dazu nicht durchzuringen. Die Familie von Bruder Yun kam um die Jahrtausendwende nach Deutschland und bei der Aktion für verfolgte Christen und Notleidende (AVC) in Nidda/Hessen unter. Diese ist wohl eher pfingstlerisch bzw. charismatisch orientiert, wie wohl auch die Bewegung Back-to-Jerusalem. Damit gehen wohl bei Evangelikalen, Pietisten, Bibeltreuen usw. gleich die Rollos herunter. Damit wollen wir nichts zu tun haben ! Wir allein stehen für das Wort Gottes und bewahren dessen Wahrheit ! So mutmaße ich, wird dort gedacht.
Liebe Leser: Notgedrungen habe ich mich mit der umfassenden Kritik an der charismatischen Bewegung auseinandergesetzt, weil einige nahe Angehörige von mir dieser angehören. Als früherer Angehöriger einer Sonderbewegung (von 1980 bis Anfang 2000) bin ich geprägt und ich habe mich mit zahlreichen Gegensätzlichkeiten in den Bereichen Gesellschaft, Politik und Religion auseinandergesetzt. Eine Angehörige würde jetzt sagen: Zwischen Religion und Glauben gibt es einen großen Unterschied, Bruder Yun würde dieser Aussage voll beipflichten.
Was mir aufgefallen ist: Der Mangel an Selbstkritik, der Mangel, sich selbst zu hinterfragen, die Tendenz zum Pharisäismus. Ich verweise dabei deutlich auf die Aussagen in Römer 2. Nun, es wird da Antworten geben, das ist so und so gemeint und nicht so und so.
Was mir aufgefallen ist: Wird jemand direkt ermahnt oder gar getadelt, reagiert er nicht selten empfindlich darauf. Das ist auch in der Christenheit der Fall. Ich nehme mich nicht aus, stecke da in einer nicht gerade leichten alltäglichen Schule. Das mit dem Balken und dem Splitter (Mt. 7,3 und darum herum) ist für uns alle so ein Problem ! Der natürliche Mensch hat oft einen sehr scharfen Blick für die Fehler des anderen, entsprechend ist die Blindheit für die eigenen ! Entsprechend verdienen Rechtsanwälte daran und sind Gerichte damit beschäftigt. Denn die diesbezügliche Blindheit paart sich ja mit Stolz und Habgier. Das Thema „Geistlicher Stolz“ wäre eine Doktorarbeit wert, eine wissenschaftliche Ausführung. Ein Buch wie „Getrennte Brüder“ von Axel Volk befasst sich in lesenswerter Weise damit. Lesenswert zu diesem Thema auch Hofacker/Predigten Band 2 Nr. 19 Seiten 328 ff.
Und das sehe ich in der westlichen christlichen Wohlstandswelt: Verlag an Verlag, Bücher an Bücher, geistliche Festungen en masse, hier ein Prophet, dort einer und jeder beansprucht für sich, allein die Wahrheit gepachtet zu haben, wie ich das selbst zwanzig Jahre lang erleben musste ! Ist das der Weg Jesu Christi ??
Womöglich beginnen für die verwöhnte westliche Christenheit nun mit der Coronakrise die Wehen, die zu erneuten Erweckungen führen sollen. Ich erlaube mir dazu kein abschließendes Urteil. Diese erscheint mir sozusagen hausgemacht, durchsetzt von Irrungen und Verwirrungen. Wenn der HERR schärfere Kaliber als dieses Virus zulässt oder einsetzt, dann können wir nur um seine Gnade flehen und uns abwenden von unseren Bosheiten !
Zum Thema „Bücher“ sollten wir uns vielleicht mehr mit Prediger 12,12 beschäftigen. Wer kann vor lauter Büchern auf dem christlichen oder sich christlich gebenden Büchermarkt eigentlich noch Zeit finden, die Bibel unter aufrichtigem Gebet zu studieren ? Zu allen möglichen Themen findet man hier Bücher, so beispielsweise auch zur Gestaltung der Sexualität oder zur Bestattungskultur. Wo ist der Unterschied zur Welt ? Die Verlage, welche diese Bücher vermarkten, müssen wirtschaftlich handeln, betreiben Werbung wie die Welt. Auch hier: Wo ist da der Unterschied zur Welt ?
Ich bitte die Verlage, die sich hier rechtfertigen wollen bzw. ihr Tun als Werk Gottes sehen (ich erlaube mir hier nicht die Anmaßung, das in jedem Einzelfall zu bestreiten, ich möchte einfach nur mal zum Nachdenken anregen) dieses für sich zu behalten. Si tacuisses.
„Denn ich sage kraft der Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass er nicht höher von sich denke, als sich zu denken gebührt, sondern dass er auf Bescheidenheit bedacht sei, wie Gott jedem Einzelnen das Maß des Glaubens zugeteilt hat“ (Röm. 12,3)
2. Ussas Tat
„Und als sie zur Tenne Nachons kamen, griff Ussa nach der Lade Gottes und hielt sie fest; denn die Rinder waren ausgeglitten. Da entbrannte der Zorn des HERRN gegen Ussa; und Gott schlug ihn dort wegen des Vergehens; so starb er dort bei der Lade Gottes“ (2. Sam. 6,6-7).
Dieses Wort hat mich häufig beschäftigt. Ich traf auf es während der Zeit in der Sonderbewegung, wo viel von der Sabbatruhe Gottes die Rede war, wobei die intensive Beschäftigung mit diesem Thema letztendlich in Gesetzlichkeiten ausartete, welche der biblische Brief an die Galater deutlich tadelt.
Ussa verstieß offenbar gegen die göttliche Anweisung aus 4. M. 4,15. Er mag es gut gemeint haben, der HERR meint es genau, ohne Gesetzlichkeit. Wem er eine Aufgabe gegeben hat, darein soll sich offenbar ein anderer nicht einmischen. Und wem er keine Aufgabe gegeben hat, der soll sich selbst keine heranziehen, als hätte er sie vom HERRN erhalten. Wir sollen ihn ja nach Mt. 9,38 um Entsendung von Arbeitern in seine Ernte bitten. Also ER sendet und es ist seine Ernte. Wieviel selbst Gesandtes gibt es doch auf dieser Erde ! Ich muss mich selbst prüfen ! Wieviele meinen, ein Werk für Gott zu tun und werden doch die Verdammungsworte aus Mt. 25,41-45 empfangen ! Ich habe den HERRN wiederholt ernst darum gebeten, er möge mir einiges antun oder bei mir zulassen, aber ich möchte nie diese Worte aus seinem Munde zu mir gesprochen hören müssen ! Aber ich kann es durch Sendung ohne göttlichen Auftrag nicht vermeiden oder gerade deshalb nicht !
Sind sich nicht zu viele sicher, das Werk des HERRN zu tun ? Ich habe mich oft gefragt, da wird gebetet und gebetet, aber doch Dinge getan, was haben diese mit dem Willen und dem Wort Gottes zu tun ? Ja, ich möchte durchaus zur Verunsicherung und Hinterfragung von so manchem beitragen !
„Wenn der HERR nicht das Haus baut, dann arbeiten umsonst, die daran bauen; wenn der HERR nicht die Stadt behütet, dann wacht der Wächter umsonst“ (Ps. 127,1) Muss da Jesus nicht sagen: „Weiche von mir, Satan ! Denn du denkst nicht göttlich, sondern menschlich !“ (Mk. 8,33)
„Heute sieht es so aus, als ob viele Christen ihr Handeln auf menschliche Pläne stützten. Vieles geschieht aus menschlicher Kraft heraus, und die Ergebnisse sind ebenfalls von menschlichem Erfolgsdenken geprägt. Das alles hat nichts mit dem Reich Gottes zu tun. Die Welt braucht heute nicht noch mehr Religion, sondern Jesus Christus ! Religion ist der Versuch von Menschen, das Werk Gottes aus eigener Kraft heraus zu tun. Jesus möchte aber, dass wir unser Leben und Handeln von der Kraft Gottes prägen lassen“ (aus Bruder Yun/Christus hat uns doch befreit ! Seite 57)
„Unzählige Leiter christlicher Gemeinden versorgen ihre Herden nicht aus der Quelle lebendigen Wassers, sondern aus den trüben Zisternen toter Theologie und menschlicher Logik. Kein Wunder, dass so viele Christen geistlich krank sind. Christen, die von Gott eine besondere Sicht oder Träume empfangen haben, wie sie ihm dienen sollen, verlieren in einem so kalten Umfeld schon bald die Orientierung. Ihre Begeisterung und ihre Träume werden erdrückt von Menschen, die die lebendige Quelle verloren haben“ (a.a.O. Seite 126)
„Ephraim nährt sich von Wind und läuft den ganzen Tag dem Ostwind nach; er wird täglich verlogener und gewalttätiger; ein Bündnis mit Assyrien wollen sie schließen, und Öl wird nach Ägypten gebracht“ (Hos. 12,2)
„denn ihr seid noch fleischlich. Solange nämlich Eifersucht und Streit und Zwietracht unter euch sind, seid ihr da nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise ? Denn wenn einer sagt: Ich gehöre zu Paulus ! der andere aber: Ich zu Apollos! – seid ihr da nicht fleischlich ?“ (1. Kor. 3,3-4)
„Wehe denen, die den Tag des HERRN herbeiwünschen ! Was soll euch der Tag des HERRN ? Er wird Finsternis sein und nicht Licht“
„Ich hasse, ich verachte eure Feste und mag eure Festversammlungen nicht riechen ! Wenn ihr mir auch euer Brandopfer und Speisopfer darbringt, so habe ich doch kein Wohlgefallen daran, und das Dankopfer von euren Mastkälbern schaue ich gar nicht an. Tue nur hinweg von mir den Lärm deiner Lieder, und dein Harfenspiel mag ich nicht hören !“ (Amos 5,18+21-23)
„Siehe, so will auch ich künftig mit diesem Volk wundersam, ja überaus wundersam und verwunderlich umgehen; und die Weisheit seiner Weisen soll zunichte werden und der Verstand seiner Verständigen unauffindbar sein“ (Jes. 29,14, zitiert in 1. Kor. 1,19) „In unserer Zeit haben alle möglichen Strömungen Jesus in ihr System zu integrieren versucht….. Viele sprechen von Jesus, aber nur insoweit, als er in ihr Konzept passt“ (Werner Gitt/Fragen, die immer wieder gestellt werden, 26. Auflage 2018 Seite 154)
„Es fällt auf, dass sich die Wahrheit der Bibel nur dem gehorsam Handelnden erschließt. Wer nur rein intellektuell und losgelöst von der eigenen Person mit der Bibel umgeht, der findet keinen Zugang“ (a.a.O. Seite 139).
Wer sind nun diese Siebentausend, die Elia nicht sah (1. Kön. 19,18) ? Diese aus Sach. 6,15: „Und man wird aus der Ferne kommen und bauen am Tempel des HERRN. So werdet ihr erkennen, dass mich der HERR der Heerscharen zu euch gesandt hat. Und das wird geschehen, wenn ihr der Stimme des HERRN, eures Gottes, wirklich gehorchen werdet „ ?
Weiter: Teil II