Reifes Leben. Eine spirituelle Reise. Das ist der Titel eines Buches von Richard Rohr, das mir [1] wertvolle Impulse vermittelt hat. Ich versuche die Hauptgedanken, die mir geholfen haben und mich berührt haben, in drei Aussagen zusammenzufassen:
1. Nach oben fallen!
2. Zu neuen Ufern aufbrechen
3. Keine Angst vorm Schattenboxen
1. Nach oben fallen!
Ein widersprüchlicher, paradoxer, beinahe witziger Gedanke. Was ist damit gemeint? Ich habe in meinem Leben einige Abstürze erlebt, die sich wie freier Fall angefühlt haben, weil wichtigste Grundlagen plötzlich weggebrochen sind, die mir eben noch unverrückbar erschienen sind. Ich vermute, dass die meisten von Ihnen ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Einige haben mir auch davon erzählt. Es sind Ereignisse, bei denen man den Eindruck hat, jeden Halt zu verlieren und sich nur einer Sache sicher zu sein, dass nämlich fortan nichts mehr so sein würde wie es vorher war und das Leben sich für immer verdunkeln wird, wenn es nicht überhaupt an dieser Stelle endet.
Ich mag das Fallen nicht und ich denke, ich darf sagen, wir alle mögen das Fallen nicht. Offen gesagt, wir hassen es. Wir hoffen, dass es uns nicht trifft. – weder große noch kleine Unglücke. Eine Frau fragte mich einst, wie das Jahr 2013 für mich war. Ich antwortete ihr: „Es war ziemlich durchwachsen. Ich hoffe, das neue Jahr wird etwas leichter werden.“ Worauf diese Frau, eine gute Freundin sagte: „das glaub mal nicht!“ Ich musste unwillkürlich lachen so wie Sie vielleicht jetzt auch. Ich war völlig überrascht. Ich hatte mit einer mitfühlenden Reaktion gerechnet wie „das wünsche ich dir sehr!“. Stattdessen sagt sie: „das glaub mal nicht!“
Das Interessante war: plötzlich habe ich mich innerlich aufgerichtet. Diese unbewusste ängstliche verkrümmte Schonhaltung fiel plötzlich von mir ab. Ich war mit einemal unabhängig davon, wie das Jahr 2014 werden würde. Eine solche Antwort, wie sie von dieser Frau kam, nennt man eine paradoxe Intervention. Sie ist so etwas wie ein heilsamer Schock, eine Konfrontation mit der Wahrheit. Wenn das in Liebe geschieht, kann es wie eine Erleuchtung werden.
So ist es mir auch mit diesem ersten Gedanken von Richard Rohr gegangen. Er sagt: das Fallen gehört zum Leben. Du bist gefallen und wirst wieder fallen. Es werden Ereignisse eintreten, die werden dir den Boden unter den Füßen wegziehen, weil das Leben so ist. Das Leben ist tragisch – sagt er lapidar. So etwas hören wir nicht gern. Ich auch nicht. Wir entwickeln gerne Theorien und sogar Theologien dagegen.
Richard Rohr zitiert hier den spanischen Philosophen Miguel de Unamuno, der sagt, dass die europäische Welt das Christentum zu einer Religion des Fortschritts verfälscht hat. Diese Religion sagt: wer christlich lebt, dem geht es immer besser. Unsere Wirtschaft nimmt das dankbar auf auf Kosten von immer mehr Verlierern vor allem außerhab unseres Landes. Es gibt christliche Gruppen, die versprechen ihren Anhängern wirtschaftlichen Erfolg und Gesundheit, wenn sie ausreichend beten, glauben und spenden.
Die Bibel lehrt etwas anderes. Praktisch alle Personen, die darin näher beschrieben stehen, gehen durch große Krisen. So wie wir es auch von Paulus gehört haben. Im 2. Korintherbrief schreibt er gleich in den ersten Sätzen von einer großen Not, in die er mit seinem Team geraten ist. Er schrieb: „Was uns dort passierte, war so unerträglich schwer, dass wir sogar unser Leben verloren gaben. Tatsächlich hielten wir es schon für beschlossen, dass wir sterben müssten.“ (2.Kor 1,9a) Das schreibt Paulus.
Das Fallen gehört zum Leben. Das sagt uns die Bibel. Das sagt uns unsere Erfahrung und das sagt die Schöpfung. Das Leben, so sagt R.Rohr, bewegt sich nie geradlinig vorwärts. Es ist voller Ausnahmen und Unordnung. Menschliche Reife, sagt R.Rohr nun, besteht darin, diese Wirklichkeit anzunehmen und das nicht resigniert oder fatalistisch, sondern in demütigem Realismus. So ist das Leben. Und ich habe Anteil an diesem Leben. Menschliche Reife besteht dabei nicht nur im Annehmen dieser Wirklichkeit, sondern auch im Annehmen des Schmerzes, der damit verbunden ist. Reife besteht nicht im Verdrängen von Gefühlen, sondern im ehrlichen Durchleben. Auch das lehrt uns die Bibel. Wir sehen es, in dem eben zitierten Text von Paulus, der von seiner Angst und Verzweiflung spricht. Wir sehen es auch bei Jesus im Garten Gethsemane bei seiner Festnahme. Reife Menschen können sich auf ihre Gefühle einlassen und auch auf die dunklen Gefühle anderer Menschen.
Was aber bewahrt uns davor, pessimistisch zu werden, alles schwarz zu sehen oder fatalistisch, gleichgültig oder gar zynisch zu werden? Was bewahrt, ist der Glaube. Denn der Glaube öffnet uns den Blick für eine zweite Wahrheit. Die erste Wahrheit ist das Fallen. Es gehört zum Leben. Die zweite Wahrheit ist: Gott kann und will dafür sorgen, dass wir „nach oben“ fallen. Auch diese Wahrheit finden wir in der Bibel, in unserer Erfahrung und in der Natur, dass in und aus und trotz allen Widersprüchen und Untergängen immer wieder Neues erwächst. In dem eben zitierten Text nennt Paulus selbst eine solche Folge: „Das alles geschah, damit wir lernen konnten, unser Vertrauen nicht auf uns selbst zu setzen, sondern auf Gott, der die Toten lebendig macht.“ (2.Kor 1,9 b)
Mit anderen Worten: wir sind durch diese schwere Erfahrung im Glauben gewachsen und gereift. Kurz vor diesen Sätzen nennt Paulus noch eine zweite Folge. Er sagt: wir haben in dieser Zeit gelernt, was echter Trost ist und „wie man Menschen in Not wirksam trösten kann.“ (2.Kor 1,4) Geistliche Reife besteht darin, mit solchen positiven Wirkungen zu rechnen und sich im Vertrauen auf Gott auf die Herausforderungen des Lebens einzulassen.
Als weiteres Beispiel können wir Josef nennen, der sich mehrfach in seinem Leben im freien Fall befindet. Als er noch ein junger Mann ist, da wollen ihn seine Brüder töten. Nur um Haaresbreite entgeht er diesem Anschlag. Stattdessen muss er für immer seine Heimat verlassen. Er wird in die Sklaverei verkauft. Aber er nimmt diese Herausforderung an. Er macht sich im Haus seines Herrn unentbehrlich. Doch dann bringt ihn eine falsche Anschuldigung ins Gefängnis und auch auf diesen Absturz lässt er sich ein, um dann Jahre später über sein Leben mit allen Herausforderungen zu sagen: „Menschen hatten zwar Böses mit mir vor, aber Gott hat es zum Guten gewendet.“ (Gen 50,20) Das ist geistliche Reife, sich auf das Fallen als Teil des Lebens einzulassen und im Vertrauen auf Gott damit zu rechnen, dass es ein Fallen nach oben ist.
R.Rohr sagt: wenn Ihr Leben nach irgendeiner Art von klassischem Plan verläuft, dann wird früher oder später eine Person oder eine Beziehung in Ihr Leben treten, mit dem Sie nicht umzugehen wissen, Ihre vorhandenen Kräfte helfen Ihnen dann nicht weiter. Sie büßen etwas ein. Das ist der einzige Weg, wie Gott uns dazu bringen kann, uns auf eine weitere größere Reise zu begeben. Vertraute Wege zu verlassen, erscheint nicht verlockend oder sinnvoll. Die meisten tun es nicht, ohne dazu gezwungen zu sein. Gott kommt dir entgegen – in der Verkleidung deines Lebens. Wir müssen stolpern und fallen, müssen die Kontrolle verlieren, das Steuer abgeben. Wir müssen verlieren, um zu finden. Spirituell gesehen, geistlich gesehen gibt es keine Sackgasse. Gott wird jede unserer Erfahrungen nutzen, um uns ins wirkliche Leben zu führen. Ich bin in meinem Leben oft gefallen, sei es in Beziehungen, im Beruf, im Emotionalen oder im Physischen, doch immer gab es einen Trampolin-Effekt, der bewirkte, dass ich letztendlich nach oben gefallen bin. Kein Fall war endgültig, jeder war fruchtbar.
Verschwenden Sie keine endlose Zeit damit, über Ihre armselige Beziehung, eine verlorene Arbeitsstelle, eine zerbrochene Liebe, ein körperliches Gebrechen, finanzielle Schwierigkeiten oder über die Tragödie eines Missbrauchs zu klagen. Der Schmerz ist ein Teil des Ganzen. Wenn Sie die zweite Hälfte Ihres Lebens nicht betreten, dann sind allein Sie es, der es nicht möchte. Gott wird Ihnen geben, was Sie wirklich ersehnen. Stellen sie sicher, dass Sie sich wirklich sehnen nach Gott, nach allem Guten, Wahren und Schönen. Alles Leerwerden geschieht nur, um Platz zu machen für das große Ausgießen.
2 Zu neuen Ufern aufbrechen
Reife zeigt sich nach R.Rohr in der Bereitschaft, Vertrautes zu verlassen. Auch das tun wir in der Regel nicht gern. Jedenfalls nicht, wenn es uns einigermaßen gut geht. Und doch fordert das Leben von uns manchen schmerzlichen Aufbruch, der mit Verlust und Unsicherheit verbunden ist. Wenn ich das so sage, dann werden wohl jedem von uns Situationen einfallen, in denen wir Vertrautes verlassen haben. Manche der Älteren werden daran denken, wie sie am Ende des Krieges für immer aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Manche werden sich an Umzüge erinnern und an Herausforderungen, in einer neuen Umgebung neu anzufangen. Vielleicht denken sie auch an den Tag, an dem sie ihr Elternhaus verlassen haben oder an den Auszug ihrer Kinder oder an den Tod eines lieben Menschen oder auch an das Zerbrechen einer kostbaren Beziehung oder an den Verlust ihrer Arbeitskraft oder andere große Veränderungen in ihrem Leben.
Mancher wird sagen: Man hat doch in vielen Fällen gar keine Wahl, ob man Vertrautes verlassen will. Man wird fortgerissen. Damit hat man natürlich in vieler Hinsicht recht, wobei es auch Situationen gibt, in denen wir freiwillig und bewusst weiter ziehen. Doch auch wenn uns tatsächlich nur wenig Spielraum bleibt, macht es auch doch einen großen Unterschied, ob wir uns passiv bedrückt als Opfer eines Unglücks betrachten oder ob wir uns aktiv und vertrauensvoll auf den Weg einlassen, den wir geführt werden.
In einer Situation meines Lebens, als Wichtiges, ja Elementares zerbrach, da las ich das Buch von Paulo Coelho, „Der Alchimist.“ Dieses Buch hatte mir mein Seelsorger empfohlen. Es erzählt die Geschichte eines Hirten, der einen Traum hat, nach Afrika zu reisen und dort nach einem Schatz zu suchen. Kaum ist er in Nordafrika angekommen, als er überfallen und komplett ausgeraubt wird. Mittellos und verzweifelt sitzt er da und dann passiert etwas mit ihm. Für mich ist das der wichtigste Satz des Buches. Er lautet: „Plötzlich erkannte er, dass er die Welt aus der Sicht eines armen Opfers, das man bestohlen hatte, betrachten konnte oder aus der Sicht eines Abenteurers auf der Suche nach einem Schatz. Ich bin ein Abenteurer auf der Suche nach einem Schatz, dachte er.“ Dieser Sichtwechsel gab ihm nun die Energie weiterzugehen und am Ende des Buches zeigt sich, dass alle Umwege, zu denen ihn das Leben gezwungen hat, ihm am Ende helfen, seinen Schatz zu finden. Es ist ein Sichtwechsel, der alles ändert, obwohl sich zunächst gar nichts ändert.
Dieser Sichtwechsel verändert ihn. Er wird vom Opfer zum Abenteurer und dieser Sichtwechsel hat auch mir in meinem Leben wiederholt geholfen, verbunden mit dem Vertrauen, dass mein Leben nicht dem blinden Schicksal ausgeliefert ist, auch wenn es sich streckenweise so anfühlt und es so aussieht. Mit dem Vertrauen, dass Gott seinen Weg mit mir geht, einen Weg, an dem am Ende alles sehr gut sein wird, so finster und negativ es auch zwischenzeitlich scheinen mag. Reife Menschen wissen um den Fluss des Lebens. Sie wissen um die Notwendigkeit, immer wieder loszulassen, weiterzugehen. Sie tun es, weil das Leben sie solches Loslassen gelehrt hat und sie tun es in dem Vertrauen, dass sie mit Gott verbunden sind.
Das Bewusstsein solcher Verbundenheit ist nicht selbstverständlich. Um so erstaunlicher war für mich die Aussage von R.Rohr dieser Satz: „Theologisch und objektiv betrachtet sind wir schon mit Gott vereint.“ Sie haben richtig gehört. Theologisch und objektiv betrachtet sind wir schon mit Gott vereint. Ein herausfordernder Gedanke. Kann das denn wahr sein? Fühlen wir uns denn nicht von Gott getrennt und haben den Eindruck, dass wir erst einmal einen weiten Weg zurücklegen müssen um zu Gott zu gelangen und von ihm gehört zu werden? Wir sind schon mit Gott vereint?
Ja, Gott ist uns immer nah. Seine Liebe umgibt uns ohne jede Unterbrechung vom Anfang bis zum Ziel unseres Lebens. So sagt es die Bibel im ersten Johannesbrief: „Gott ist Liebe.“ (1.Joh 4,8) „Er hat uns zuerst geliebt.“ (1.Joh 4,19) „Darum lasst auch uns ihn lieben.“ (ebd.) Oder im Psalm 139. Da finden wir die wunderbare Aussage: „Von allen Seiten umgibst du mich.“ „Du hast mich im Mutterleib gesehen.“ (Ps 139,5) Ja, du hast mich gemacht. Schon immer waren wir mit Gott und sind mit ihm verbunden. Von allen Seiten umgeben.
Allerdings haben wir manche Schwierigkeiten, diese Grundwahrheit anzunehmen. Wir brauchen Zuspruch und Bestätigung gerade in der erste Lebenshälfte. Wir brauchen das, damit wir Orientierung finden, Geborgenheit. Wir brauchen Symbole der Zugehörigkeit. Wir brauchen bürgerliche und kirchliche Gesetze, eine klare nationale und religiöse Identität, die Gewissheit, ich bin auf der richtigen Seite. Ich bin evangelisch, freikirchlich, katholisch. Ich halte die Gebote, ich bin mit Gott im reinen. All das brauchen wir, damit wir uns sicher und geborgen fühlen. R.Rohr sagt: all das hat auch seine Berechtigung, seine relative Berechtigung. Wir brauchen das, um uns selbst zu finden, herauszufinden, wer wir sind, um unser Ich zu erkennen und aufzubauen.
In der zweiten Lebenshälfte geht es dann darum, dieses Ich wieder loszulassen, und das nicht ins Nichts hinein, sondern um es Gott zu überlassen. In der ersten Lebenshälfte sind wir sehr auf Rückmeldungen und Ermutigung angewiesen. In der zweiten Hälfte können wir uns leichter nehmen. Schon in der ersten Lebenshälfte bekommen unsere Selbstbilder, Weltbilder und auch unsere Gottesbilder Risse. Wenn wir uns in einem ehrlichen Reifungsprozess befinden und uns darauf einlassen, dann werden diese Bilder zunehmend durch Fragen, durch Zweifel und widersprechende Erfahrungen verändert. Das kann sehr weh tun, kann wirklich Schmerzen verursachen wie andere Veränderungen des Lebens auch. Aber auch in dieser Hinsicht sind reife Menschen bereit, Vertrautes zu verlassen, sich von anderen Menschen in Frage stellen zu lassen und ehrlich der Wahrheit auf der Spur zu bleiben.
Das hat wiederum mit dem Vertrauen zu tun, dass Gottes Liebe uns immer schon umfängt und trägt, auch wenn wir daran zweifeln, auch wenn wir in die Irre gehen, wenn uns Dinge unklar sind. Wir dürfen einen ehrlichen Weg gehen. Immer sind wir von Gott geliebt und umgeben. Dieses Vertrauen ist umfassender und reifer als ein ängstliches Fürwahrhalten bestimmter Glaubenssätze, ein Festklammern an Inhalten, die uns nicht wirklich einleuchten, die wir aber bejahen, weil wir Angst haben, sonst von Gott und Menschen fallen gelassen zu werden. Wissen Sie, was der häufigste Satz der Bibel ist? Fürchte dich nicht! Fürchtet euch nicht! Über fünfzig mal finden wir das in der Bibel. Und die erste Predigt Jesu wird im Evangelium zusammengefasst mit den Worten: Fangt neu an und vertraut auf die gute Nachricht der Liebe Gottes. (Mk 1,15) Du bist geliebt.
Wenn man nun die Geschichte der Kirche oder auch in das Leben vieler Christen schaut und untersucht, welche Rolle darin Angst und das Festhalten am Alten spielen, dann könnte man meinen, dass die Bibel genau das Gegenteil gesagt hätte: Fürchtet euch! Ändert euch nicht! Überall warten Gefahren! In der Tat erwarten wir von religiösen Menschen eher Traditionalismus und Vergangenheitsbezogenheit als die Freude an Veränderung , Verbesserung, an Reform, Reformation und Neugestaltung.
Wobei selbstverständlich auch die Kontinuität ihre Berechtigung hat. Besonders in der ersten Lebenshälfte ist es gut, sich an den Erfahrungen der Menschen vor uns zu orientieren, an biblischen und staatlichen Geboten, in denen sich Erfahrungen niederschlagen, die Menschen vor uns gemacht haben. Gerade in der ersten Lebenshälfte, ja am Anfang des Lebens brauchen wir Regeln und Grenzen. Deshalb sind gute Eltern und gute Lehrer bei aller Liebe auch streng. Reife Menschen sind dafür dankbar, dass ihre Eltern und Erzieher streng waren. Dieser Dank begegnet einem selten bei Menschen zwischen 20 und 40 Jahren. Sie befinden sich meist noch in der notwendigen Phase der kritischen Ablösung. Trotzdem sind wir in der ersten Lebenshälfte in vielen Fällen so etwas wie loyale Soldaten, die ihre Pflicht kennen und zu erfüllen versuchen. Diese Haltung beschützt uns in den ersten 30 Jahren, sonst wären die Gefängnisse und Psychiatrien wohl noch voller als sie sind.
Allerdings hat diese Haltung der Unterordnung ihre Grenzen. Sie entspricht der Einstellung des ältesten Sohnes im Gleichnis von den beiden Söhnen oder – klassisch bezeichnet – vom verlorenen Sohn. (Luk 15,11 ff) Der ältere Sohn ist gesetz- und leistungsorientiert. Er versucht alles richtig zu machen, aber er kann leider nicht feiern, er kann sich auch nicht über die Rückkehr seines verlorenen Bruders freuen. Ihm fehlt das Mitgefühl. Wahre Reife führt über das Gesetz hinaus und weitet das Herz. R.Rohr verweist auf das Beispiel der Japaner, die nach dem zweiten Weltkrieg für die zurückkehrenden Soldaten ein Ritual schufen, mit dem sie ausdrücklich aus ihrer Rolle als gehorsame Befehlsempfänger entlassen wurden, indem man ihnen sagte: jetzt bist du kein Soldat mehr, der Befehle ausführen muss. Jetzt darfst du denken und dein Leben selbst in die Hand nehmen.
Reife Menschen sind weniger von überlieferten Texten geleitet als vielmehr vom Vertrauen, von Liebe, von Freundschaft, von gesundem Menschenverstand und von geistlicher Intuition. So kommen wir dem wahren Leben näher, das immer aus Widersprüchen, Abenteuern und Herausforderungen besteht. So wichtig die Regeln für junge Menschen sind, so wichtig ist es, dass wir mit der Zeit über die Gesetzlichkeit hinauswachsen, die sich sklavisch an den Buchstaben bindet. Das Gesetz – unverständig gebraucht – kann schädlich und tödlich sein, wie Paulus im dritten Kapitel des zweiten Korintherbriefes warnt. (2.Kor 3,6)
Auch Jesus lehrte das Gesetz im Lichte der Liebe zu relativieren. So sagte er: „Ihr habt gelernt, eure Feinde zu hassen und zu bekämpfen. Ich aber sage euch, ihr sollt sie lieben und segnen und ihnen Gutes tun.“ (Mt 5,44-45) Andere Beispiele für eine neutestamentliche Relativierung biblischer Ordnungen ist das Gebot für die Sklaven, sich ihren Herren unterzuordnen. (Tit 2,9) Spätestens seit John Wesley und William Wilberforce setzen sich Christen für die Abschaffung der Sklaverei ein, wo immer sie noch in der Welt zu finden ist. Auch die gebotene Unterordnung der Frau (Eph 5,24) wird heute von vielen Christen viel barmherziger interpretiert, als es vor 50 oder gar 100 Jahren noch der Fall war.
Jesus sagte: „der Heilige Geist wird euch in alle Wahrheit hineinführen.“ (Joh 16,13) Das zeigt doch, dass die Wahrheit vor 2000 Jahren noch nicht vollständig offenbart war, sondern dass es Neues zu entdecken gab und gibt.
Nun wird mancher sagen: diese Freiheit birgt doch auch Gefahren für unser Denken und Handeln. Das stimmt. Unreife Menschen können diese Freiheit egoistisch missbrauchen. Aber reife Menschen werden das nicht tun, sondern sie werden der Weisheit der Irokesen, einer indianischen Volksgruppe in Nordamerika, folgen. Die Irokesen haben bei ihren Beschlüssen immer versucht zu berücksichtigen, welche Auswirkungen ihre Entscheidungen für die nächsten sieben Generationen haben werden. Stellen wir uns einmal vor, das wären die Leitlinien für unseren Bundestag. Wie gut wäre das!
In solche Reife sollen wir hineinwachsen. Man hat sie nicht sofort, aber Gott will uns dahinführen, wenn wir uns darauf einlassen. In der Bibel finden wir manche Geschichten und Berichte über Menschen, die aus dem Vertrauten ins Unbekannte aufgebrochen sind so wie Abram und Sarai ihre Heimat verlassen haben um in ein Land zu ziehen, von dem sie nicht mehr wussten als dass Gott es ihnen zeigen und sie dort segnen wird. Oder denken wir an jene jungen Männer, die von Jesus aufgefordert wurden, ihr Zuhause und ihre Arbeit zu verlassen um ihm nachzufolgen. So ruft Gott auch uns auf, ihm zu folgen. Wo immer uns der Weg hinführen mag, es ist Gottes Land. Überall sind wir zuhause, weil wir überall mit Gott verbunden sind. Vor wenigen Wochen klingelte es an meiner Tür, die eine durchsichtige Scheibe hat. Ich sah sofort, wer da stand und war völlig überwältigt: ein guter Freund, von dem ich dachte, er ist in den USA, wo er schon viele Jahre lebt. Völlig überraschend steht er vor meiner Tür. Das ist für mich ein Bild, wie nah, wie überraschend nah Gott ist. Manchmal denken wir, Er ist weit weg. Aber immer und überall sind wir mit ihm verbunden. Es ist gut, wenn wir uns das bewusst machen und unsere Herzen weit öffnen für Ihn und seine Liebe.
3. Keine Angst vorm Schattenboxen
„Schattenboxen“ – wieder ein Begriff, der mich sofort angesprochen hat. Es liegt darin eine kämpferische Bedeutung, zugleich humorvolles Augenzwinkern. Ich mag diese Kombination. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen kann ja gerade im Bereich der Religion leicht etwas Verbissenes und Selbstzerstörerisches bekommen. Denken wir nur an die Menschen, die sich selbst ausgepeitscht haben und versucht haben durch diese Handlung das Böse aus sich zu vertreiben. Dieser bibelferne Irrweg begegnet nicht uns nur bei so berühmten Menschen wie bei der heiligen Elisabeth und dem jungen Martin Luther, sondern wird leider noch heute praktiziert. Auch manche evangelische Heiligungsbewegung verfolgt den Weg der Selbstvervollkommnung zwar nicht mit körperlicher Gewalt, aber doch mit seelischer Gewalt. Gewalt vor allen mit den Mitteln der Ausgrenzung aus der Gemeinschaft für alle, die nicht ganz gehorsam und unterwürfig sind, oder Gewalt mit der Androhung göttlicher und ewiger Strafen.
Was kann die Alternative dazu sein? Sie kann für einen reifen Menschen jedenfalls nicht in Gleichgültigkeit bestehen. Sie ist vielmehr eine geduldige, ehrliche und auch befreiende Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen, Fehlern und Grenzen. Diese dunklen Seiten unseres Lebens fasst R. Rohr mit dem Begriff der „Schatten“ zusammen. Beim Begriff „Schattenboxen“ geht es nicht um eine vollständige Überwindung unserer Schatten. Das ist eine Illusion, dass wir das jemals ganz schaffen werden. Es geht nicht um eine komplette Überwindung, aber doch um ein Durchdringen, ein Anschauen, ein Durchschauen, das uns den Blick für unser innerstes wahres Selbst öffnet. Diese Selbstfindung, diese Begegnung mit uns, wie wir wahrhaft sind, ist nach R.Rohr eine wesentliche Aufgabe der zweiten Lebenshälfte.
Aber fangen wir einmal vorn an bei der äußersten Schicht unserer Persönlichkeit. R.Rohr nennt sie die persona, ein lateinischer Begriff. Er bedeutet ursprünglich „Maske“, nämlich die Hülle, durch die die Stimme des Schauspielers im antiken Theater erklingt. „Per-sonare“ heißt „hindurchklingen“. Unsere persona, unsere Maske, ist so etwas Ähnliches wie ein Panzer, den der verletzliche rosafarbene Krebs um sich herum aufbaut, um sich zu stabilisieren und sich zu schützen. In vergleichbarer Weise bilden wir uns herum in der ersten Lebenshälfte unsere persona. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe in dieser Zeit.
Und nicht nur wir selbst formen unsere persona, sondern auch unsere Umwelt trägt dazu bei. Sie lehrt uns, wer wir sind, wie wir uns selbst zu sehen haben, was wir können, was wir zu leisten haben. Und im Ergebnis dieses Prozesses betrachten wir uns dann irgendwann selbst als liebe Kinder, als fleißige Schülerinnnen und Schüler, als anständige Bürger, als hilfsbereite Nachbarn, als geschickte Handwerker, als einfühlsame Pädagogen, nette Pfarrer, opferbereite Eltern und wahre Gläubige. So entsteht ein Bild, das wir und unsere Umgebung von uns haben und das ist zunächst auch nicht schlecht, sondern ein normaler und notwendiger Prozess, damit wir einen sicheren Stand im Leben gewinnen.
Aber es ist nicht das Ende der Reise, sondern nur ihr erster Teil. Denn diese äußere Hülle, dieses Korsett fußt ja zum großen Teil auf den Urteilen anderer Menschen und ist damit erheblich von deren Einschätzung abhängig. Deshalb sind wir in der ersten Lebenshälfte in Bezug auf Lob und Tadel sehr empfänglich und auch verwundbar. Damit sind wir schon bei einem guten Grund, unsere persona nicht so wichtig zu nehmen. Sie macht uns in unserem Selbstwertgefühl und unserer Lebensgestaltung von anderen Menschen abhängig.
Es gibt auch noch einen zweiten Grund, die eigene persona kritisch zu sehen. Sie entspricht ja nur zu einem Teil der Wirklichkeit. Viel davon ist eine Einbildung. Unser Selbstbild beruht nicht zuletzt auf der Verdrängung unserer Schatten. Wir blenden dabei unsere Schwächen und Fehler weitgehend aus. Die Bibel ermutigt uns solche Schönfärberei aufzugeben, z.B. im ersten Johannesbrief Kap 1 werden wir darauf hingewiesen: „wenn wir sagen, dass wir keine Fehler machen, betrügen wir uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns“ (1.Joh 1,8) oder Paulus stellt in seinem Brief an die Gemeinde in Rom in Kap 3 lapidar fest: „wir sind alle Sünder“ (Rö 3,10) und dabei ist er selbst auch eingeschlossen und bekennt in Kap 7: „ich erkenne das Gute wohl, aber tue es dennoch oft nicht.“ (Rö 7,18) Und Jakobus schreibt im 3. Kapitel seines Briefes. „Wir machen alle viele Dinge falsch.“ (Jak 3,2)
So offen gingen die ersten Christen mit ihren Begrenzungen um. Die Art, wie wir das tun, wie wir mit unseren Schatten umgehen, hat Folgen. Wer seine eigene Schwächen anschaut, wird für eine Zeit traurig, aber er kommt dann weiter. Wer sie nicht anschaut, trägt eine unterdrückte Traurigkeit in sich, die irgendwann in Wut umschlagen kann, denn wer seine Schatten nicht anschauen mag, der kann sie auch schwer bei anderen ertragen. Aus diesem Grund gibt es so viele zornige alte Menschen.
Über diese Fehlentwicklung wollen reife Menschen hinauswachsen, über die Abhängigkeit vom Urteil anderer, über das geschönte Selbstbild und über die innere Traurigkeit. Reife Menschen kennzeichnet nach R.Rohr die Bereitschaft sich auf die Reise nach innen einzulassen, sich selbst wahrhaft zu begegnen, und dabei nicht zuletzt die inneren Schatten in Augenschein zu nehmen. Und das nun nicht verbissen und nicht perfektionistisch auch nicht resigniert, gleichgültig oder bedrückt sondern humorvoll und engagiert diese Haltung fasst er in dem schöne Begriff des Schattenboxens zusammen.
Drastische Beispiele dafür, was passiert, wenn Menschen sich nicht auf diese Schattenarbeit einlassen, sind für R.Rohr viele der Angeklagten der Nürnberger Prozesse oder auch der Angeklagten beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag. in der Regel sind sie ganz in ihrer persona, in ihrer Maske, gefangen und voller Traurigkeit und Hass bei gleichzeitiger unfassbarer Selbstgerechtigkeit. Was hier im Extrem gut sichtbar wird, dass sind Muster, die in jedem Menschen wirksam sind, wenn sie sich nicht und so weit sie sich nicht auf die Schattenarbeit einlassen.
R.Rohr sagt: wir können nicht zur zweiten Lebenshälfte, d.h. zur Reife gelangen ohne ein erhebliches Maß an Schattenboxen. Es tut mir leid es sagen zu müssen, aber das setzt sich bis ans Ende unseres Lebens fort. Der einzige Unterschied ist, dass Sie nun nicht mehr von ihren eigenen Überraschungen überrascht oder von Ihren Demütigungen gedemütigt werden. Inzwischen sind Sie auf verschiedene Formen von Halbherzigkeit, Falschheit, Eitelkeit oder Illusion bei sich selbst vorbereitet. Jetzt durchschauen Sie sie, wodurch ihr Spielraum und ihre Macht zerstört werden. So weit dieses Zitat. Ich mag solche humorvollen ernüchternd ehrlichen Formulierungen bei R.Rohr wie diese: es tut mir leid es sagen zu müssen… das setzt sich bis ans Ende unseres Lebens fort. Unwillkürlich muss man schmunzeln und kommt damit in einen befreienden heilsamen Umgang mit sich selbst und den dunklen Dingen in uns hinein. Zu diesen erfrischenden Sätzen gehört auch dieser: ich fürchte, je näher Sie dem Licht kommen, desto deutlicher werden Sie ihre Schatten sehen.
Daher sind wahrhaft heilige Menschen immer demütige Menschen. Dabei geht es zunächst einmal gar nicht um die Überwindung der Schwächen, sondern um ihre Wahrnehmung. So überraschend das sein mag, diese ehrliche Auseinandersetzung mit unseren Schwächen befreit uns. Als erstes befreit sie uns vom Urteil anderer. Sie müssen dann keine Angst mehr vor dem Urteil anderer haben. Sie sind zum heiligen Narren geworden, weil es keine persona mehr gibt, die sie verteidigen müssen. Der Begriff „Heiliger Narr“ taucht bei Paulus auf in 2.Kor 11. Wer sich selbst einmal so bezeichnet, der ist sehr frei von dem, was andere über ihn vielleicht negativ oder spottend sagen. Das ist nicht die einzige Wirkung dieser Freiheit vom Urteil anderer sondern es verändert auch unsere Einstellung anderen gegenüber. Wieder zitiere ich R.Rohr: es braucht so viel Energie, diesem verleugneten und maskierten Selbst gegenüberzutreten, es aufzudecken und ein Leben lang zu verändern, dass keine Zeit mehr dafür bleibt unsere Angst, unsere Wut und unser ungelebtes Leben auf Terroristen, Muslime, Sozialisten, Liberale oder Konservative zu projizieren oder sich auch nur über das Radioprogramm zu ärgern. Wenn die Schatten immer wieder nüchtern betrachtet werden, verlieren Sie das Interesse daran, Menschen oder Dinge zu idealisieren, ganz besonders sich selbst.
Wenn Sie Ihre Schatten erkennen und annehmen, können Sie ebenso mit ihren Mitmenschen umgehen… so weit dieses Zitat. An die Stelle des Urteilens über andere Menschen und an die Stelle der Angst vor ihrem Urteil über uns tritt etwas Neues in unser Leben. Wieder lasse ich R.Rohr zu Wort kommen: ein Heiliger ist ein Mensch, der sich nicht verteidigen muss. Sein Ich lebt in Bewusstsein bewusster Einheit mit dem „Ich bin“.
Das setzt jede Sorge um sich selbst, jeden Selbsthass außer Kraft, ein Heiliger versucht nicht vollkommen zu sein, sondern er versucht in der richtigen Beziehung zu sein – mit anderen Worten – zu lieben, soweit dieses Zitat. Wir merken hier, dass es beim Schattenboxen letztendlich nicht um die Schatten geht, sondern um die tiefere dahinterliegende Wirklichkeit. Das Ziel ist nicht, dass wir uns selbst perfekter machen, sondern dass wir uns der Wahrheit in Liebe annähern, in Liebe zu Gott, in Liebe auch zu uns selbst und im Vertrauen auf Gottes Liebe.
Man kann also bei Menschen nach R.Rohr von drei Schichten sprechen: die äußerste ist die persona, die Maske, das Bild, das wir nach außen zeigen, das andere von uns haben und das wir unreif leicht mit der Wirklichkeit verwechseln können. Unter der persona liegt der Bereich der Schatten, der Schwächen, der Grenzen, der Dunkelheiten, die wir lieber verbergen und verdrängen. Aber auch sie sind nicht das Wesentliche. Wenn wir noch weiter hineingehen, finden wir hinter ihnen unser eigentliches Selbst, das jenseits all dessen ist, was wir gelernt oder erlebt, auch erlitten haben, jenseits aller Erwartungen der Umwelt, jenseits aller Leistung und allen Versagens. Es ist das Selbst, das Gott schon gesehen hat, bevor es uns gab. So wie es Ps 139 ausgedrückt wird: „Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war.“
Diese Sicht ist die Sicht Jesu. Mit diesem liebevollen Blick hat er die Menschen angeschaut. In Lukas 18 lesen wir, wie er den Zöllner Zachäus ansieht: ohne Vorurteil, ohne Verurteilung, ohne Forderung, reine liebevolle Wahrnehmung. Jesus kommt dort an und blickt empor in die Baumkrone, in der Zachäus sitzt und sieht ihn an. Und dieser Blick wird für Zachäus zum Wendepunkt. Wenn wir uns so wahrgenommen wissen und uns selbst zu sehen beginnen, dann nähern wir uns unserem Selbst, unserem eigentlichen Wesen, das ganz nahe ist bei dem „Ich bin„.
Ich bin – das sind die Worte, mit denen Gott sich selbst bezeichnet im ersten Buch Mose Kap 3. „Ich bin“ – das ist reines Sein. Keine Leistung, kein Müssen, und dieses „Ich bin“ ist auch in uns. „Seid wie neugeborene Kinder“ (1.Petr 2,2) Ich denke, kleine Kinder sind diesem reinen Sein am nächsten. Und reife Menschen kehren dahin zurück, so zu sein und sich selbst so anzunehmen und zu sehen. Wann können wir und wie können wir das erleben?
Ich denke, wir können das z.B. erleben in Momenten, in denen wir ganz still werden bei Gott. Psalm 131,2 spricht davon. „Meine Seele ist stille und ruhig geworden wie ein kleines Kind bei seiner Mutter.“ So heißt es dort. Meine Seele ist stille und ruhig geworden wie bei ein Kind bei seiner Mutter. Solche Momente können zu einer Haltung, zu einer Lebensweise werden Warum sollen wir nicht an jedem Tag dieser Woche eine oder mehrere Zeiten suchen, in denen wir in dieser Weise still sind, bewusst nur sind, still geborgen liebevoll uns selbst anschauen, und von Gott anschauen lassen? Ich schließe mit Worten R.Rohrs:
Viele von uns entdecken im Scheitern den göttlichen Blick, die letztgültige Ich-Du-Beziehung, die immer barmherzig ist und uns ganz und gar in sich birgt. Wie jeder ehrliche Spiegel nimmt uns Gott genauso wie wir sind, ohne zu verurteilen oder zu verzerren, oder etwas hinzuzufügen oder wegzunehmen. Alles, was wir tun können, ist diesen liebevollen Blick Gottes jeden Tag zu empfangen und zu erwidern. Bald können wir denselben annehmenden Blick an jeden weitergeben, der ihn braucht.
[1] Vortrag von N.N., den ich mit freundlicher Genehmigung auszugsweise und auf Wunsch ohne Nennung des Vortragenden weitergebe.