Fromme Gewalt

Kinder sind hilflos, leicht in die Defensive zu treiben, zu ängstigen oder zu verführen. Sie sind gegenüber frommer Gewalt weitgehend wehrlos. Die Gefahr einer möglicherweise unumkehrbaren Traumatisierung ist hoch. Wer Kinder bedroht, erntet schnell vermeintliche Autorität und scheinbaren Gehorsam.  Gerade jemand, der über wenig wirkliche Autorität verfügt, kann auf diese würdelose Weise seinen Einfluss sichern. Nach dem neuen Testament ist Autorität aber an Liebe und an Demut und an die Bereitschaft zu gründlichster Selbstüberprüfung gebunden. „Nun lehrst du andere und lehrt dich selber nicht?“  (Röm 2,21)

Die gravierendsten Erscheinungsformen der frommen Gewalt gegenüber Kindern sind die Drohung mit ewiger Folter in der „Hölle“ und das Praktizieren der Prügelstrafe. Beides kann tiefe Wunden in der kindlichen Seele verursachen. Ist das im wirklich im Sinne Jesu, verletzliche Kinderseelen immer wieder brutalem Zwang  – seelisch wie körperlich – auszusetzen?

Es ist nachvollziehbar, wenn Erwachsene, die mit brutaler Theologie sozialisiert wurden, dazu neigen, einen ebenso harten Umgang mit ihren Kindern als zumutbare Belastung anzusehen.

Im Rahmen eines buchstabenorientierten Bibelverständnisses ist eine freundlichere Bearbeitung des Höllen- und Prügelthemas  möglich, aber schwierig, da „der Buchstabe tötet“ (2.Kor 3,17) und über das, was der tödlichen Wirkung entgegenwirkt, keine allgemein verbindliche klare Aussage getroffen werden kann.

Im Rahmen eines prioritätenorientierten Bibelverständnisses ist die Bearbeitung einfach und gut begründbar:

a) die Infragestellung der üblichen Vorstellung von „Hölle„, die das Vertrauen und die Liebe zu Gott beschädigt.

b) die Widerlegung der angeblichen Notwendigkeit der Prügelstrafe

Die beste Vorbeugung gegen fromme Gewalt ist Transparenz und eine ehrliche Informations- und Diskussionskultur. Erfahrungsgemäß sucht man sie in vielen christlichen Glaubensgemeinschaften vergebens. Kritik an der hauseigenen Theologie ist von vornherein tabu. So macht man sich die Risiken und Nebenwirkungen nicht bewusst. Folglich hört man sehr häufig die pauschale Beteuerung: „Bei uns passieren diese Dinge nicht.“

[ENDE]

 

Artikel aktualisiert am 12.02.2020

1 thoughts on “Fromme Gewalt”

  1. Da werden von Gemeinden „fröhliche Kinderstunden“ und „Jugendkreise“ angeboten, ohne das die Eltern auch nur im mindesten ahnen, welch bedrohlicher und seelisch belastender Unsinn dort hintenherum und inoffiziell vermittelt werden kann. Soll dieser Einfluss wirklich dem Zufall überlassen bleiben?

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